Nepal: Vom Königspalast weht nun die Fahne der Republik. | Kathmandu/Neu Delhi. Die rote Königsflagge mit Sonne, Mond und dem silbernen Löwen ist eingeholt worden, vom Palast des Monarchen in Kathmandu weht nun die Nationalfahne Nepals. Am Mittwochnacht hat die verfassungsgebende Versammlung das 239 Jahre alte Königshaus auf dem Dach der Welt mit überwältigender Mehrheit abgeschafft. Nur vier von 601 Abgeordneten stimmten gegen den Plan. Der beim Volk unbeliebte König Gyanendra muss nun den rosafarbenen, pagodenförmigen Palast in der Hauptstadt Nepals binnen 15 Tagen räumen. Die königliche Residenz soll danach ein Museum werden.
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Vor der Abstimmung marschierten Hunderte Menschen durch die Straßen der Hauptstadt und riefen "Nieder mit den König". Drei kleine Bomben explodierten, die vermutlich von Royalisten gelegt worden waren, ein Mensch wurde verletzt. Die Entscheidung über die Abschaffung der Monarchie war die erste Amtshandlung der Verfassungsversammlung nach den Wahlen im April.
Ex-Rebellenführer Prachanda wird vermutlich unter seinem bürgerlichen Namen Pushpa Kamal Dahal Premierminister der neuen Republik werden. Seine maoistische Partei hatten bei der Wahl im April überraschend einen deutlichen Sieg eingefahren.
Neue Geldscheine
Angeblich werden im Königspalast schon die Koffer gepackt. Er soll Nationalmuseum werden. Maoistische und andere Politiker haben den König gebeten, als Privatmann weiter in Nepal zu leben. Gyanendras Konterfei ist bereits von den Geldscheinen entfernt worden, sein Name aus der Nationalhymne gestrichen. Schon Anfang Januar hat er fast alle seine königlichen Privilegien verloren, sogar seine Stromrechnung muss er jetzt selbst zahlen.
Traditionell galt der König in Nepal als Reinkarnation des hinduistischen Gottes Vishnu, dem Erhalter der Welt. Doch Gyanendra war beim Volk so unbeliebt, dass er bei einem Pilgerausflug zum Pashupati-Tempel in Kathmandu im letzten Jahr von einer aufgebrachten Menge mit Steinen beworfen wurde. Religiöse Gefühle haben bei der Abschaffung des letzten Hindu-Königstums offenbar keine besondere Rolle gespielt haben.
Die Sha-Dynastie, die Nepal seit 1768 regierte, hatte ihr Ansehen nach dem blutigen Massaker im Königspalast 2001 weitgehend verspielt. Damals gelangte Gyanendra an die Macht, nachdem Kronprinz Dipendra bei einem Dinner neun Menschen, darunter seine Eltern, die damaligen Monarchen, und weitere Mitglieder der Königsfamilie erschoss und sich danach selbst umbrachte. Doch Gerüchte hielten sich, dass Gyanendra, der Onkel des Todesschützen, für das Massaker verantwortlich sei. Gyanendras Reputation wurde nicht besser, als er 2005 die Regierung auflöste und die Macht an sich riss. Wochenlange Straßenproteste zwangen ihn dazu, diesen Schritt rückgängig zu machen.
Mit der Abschaffung des nepalesischen Königshauses hat im Himalaya nur noch Bhutan einen König, der in diesem Jahr allerdings freiwillig die Demokratie eingeführt hat, sehr zum Bedauern vieler seiner Untertanen, die fürchten, dass eine demokratische Regierung korrupter sein könnte als ihr König. Doch in Nepal weint kaum einer Gyanendra und seinem Sohn Paras eine Träne nach.