Zum Hauptinhalt springen

Das Ende einer grünen Durststrecke

Von Daniel Bischof

Politik

Umwelt- und Verkehrsministerin Gewessler kann für das heurige Jahr zufrieden Bilanz ziehen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 2 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

2020 war nicht ihr Jahr. 2021 schaut es anders aus. Verkehrs- und Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) kann politisch heuer zufrieden Bilanz ziehen. Während ihrem Parteikollegen, Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein, bisher nur wenig glückte, heimste Gewessler Erfolge ein. Sie stoppte den Lobautunnel, brachte das österreichweite Klimaticket auf Schiene und verhandelte die CO2-Bepreisung in die ökosoziale Steuerreform hinein.

Damit forcierte Gewessler gleich mehrere grüne Prestigeprojekte. Sie schlüpft zunehmend in die Rolle, welche ihr die Partei schon lange zuerkannt hatte: jene des grünen Aushängeschilds. Bereits bei der Nationalratswahl 2019 kandidierte Gewessler für die Grünen als Listenzweite gleich hinter Parteichef Werner Kogler. Als der Wiedereinzug und der Sprung in die Regierung gelangen, wurde Gewessler Chefin eines "Superministeriums".

Neben den Verkehrs- wurde sie auch für die Umwelt- und Klimaagenden zuständig. Zuvor waren diese noch Teil des türkisen Landwirtschaftsministeriums. Gewessler besetzt damit für die Grünen entscheidende Themen, was auch politisch einen hohen Symbolwert hat. In Deutschland hingegen ressortiert das Verkehrsministerium in der neuen Ampelkoalition bei der FDP - was einige deutsche Grüne verärgert.

Seuchenjahr 2020

Im vergangenen Jahr konnte Gewessler aus ihrer Position aber kein Kapital schlagen. Die Pandemie überlagerte 2020 die Innenpolitik, statt Gewessler war bei den Grünen Gesundheitsminister Rudolf Anschober omnipräsent. Daneben standen Ibiza-U-Ausschuss, Ermittlungen und Chatprotokolle im Fokus - und damit Justizministerin Alma Zadic (Grüne). Gewessler und ihr Ressort waren medial daher meist unter ferner liefen zu finden.

Das änderte sich heuer. Im August verkündete Gewessler die Einführung eines zentralen Projekts der Grünen - das Klimaticket. Dabei waren zu diesem Zeitpunkt der Verkehrsverbund Ostregion und damit Wien, Burgenland und Niederösterreich noch nicht an Bord. Es war ein riskanter Zug, der aufging: Ende September wurde eine Einigung mit der Ostregion erzielt. Damit konnte das Ticket, wenn auch etwas anders als ursprünglich geplant ("1-2-3-Ticket"), bundesweit am 26. Oktober ausgerollt werden.

Im Oktober wurde die ökosoziale Steuerreform beschlossen. Die Bepreisung von CO2 war manchen Umweltorganisationen zu niedrig angesetzt. Gewessler konnte aber für sich verbuchen, dass sie erstmals in Österreich gegen einige Widerstände eingeführt wurde. Es folgte dann das Aus für den Weiterbau der Klagenfurter Schnellstraße S37 und den Lobautunnel.

Willst du diesen Inhalt sehen? Gib den anderen Cookies grünes Licht.

Wiener Zeitung Logo

Cookie Einstellungen

Ohne Cookies funktioniert die Website wienerzeitung.at nur eingeschränkt. Für eine sichere und einwandfreie Nutzung unserer Website werden daher technisch notwendige Cookies verwendet. Für die Darstellung von Inhalten von Drittanbietern (YouTube und APA) werden Session-Cookies gesetzt. Bei diesen kann eine Datenübermittlung in ein Drittland stattfinden. Ihre Einwilligung zur Setzung genannter Cookies können Sie jederzeit unter "Cookie Einstellungen" am Seitenende widerrufen oder ändern. Nähere Informationen zu den verwendeten Cookies finden sich in unserer Datenschutzerklärung und in unserer Cookie-Policy.

Technisch notwendig
Youtube
Andere

Jahrelang seien Klimaschützer alleine auf weiter Flur gewesen, sagt Grünen-Klimaschutzsprecher Lukas Hammer. Nun gebe es für die Politik starken Rückenwind durch Klimaschutzbewegungen, deren Proteste, aber auch durch etablierte NGOs. Diese würden den Themen "extrem viel Breite" geben: "Ob wir ohne diesen Rückenwind alleine die politische Kraft aufgebracht hätten, weiß ich nicht", sagt Hammer. Gewessler war vor ihrem Amtsantritt Geschäftsführerin der Umweltorganisation Global 2000, Hammer fungierte bei Greenpeace als Sprecher. Vorfeldorganisation der Grünen seien die Bewegungen und NGOs aber nicht, so Hammer: "Das sind Menschen, die sich unabhängig von uns für dieselbe Sache einsetzen. Sie würden uns massiv kritisieren, falls sie das Gefühl hätten, dass die Grünen etwas falsch machen."

Im Zentrum der Strategie

Die jüngsten Vorstöße Gewesslers seien "kein Zufall", sagt Politberater Thomas Hofer: "Sie rückt ins Zentrum der Grünen-Strategie." Die Partei sei durch den Rücktritt von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) "strategisch deutlich stärker als zuvor". Derzeit sei die ÖVP nicht in der Lage, Repressalien anzuwenden oder in Neuwahlen zu fliehen. Daher gehe es den Grünen nun auch darum, "das Profil der Klimaministerin zu schärfen", ohne dabei große Rücksicht auf Kollateralschäden in der Koalition zu nehmen, sagt Hofer.

"Wir wissen, dass der Koalitionspartner und die Wiener SPÖ mit der Lobau-Entscheidung nicht glücklich sind", meint Hammer. Es sei aber aus Klimaschutzsicht nicht möglich, "diese Autobahn zu bauen". Zudem habe es sich dabei um ein Asfinag-Vorhaben gehandelt. Ein solches Vorhaben liege in der direkten Verantwortung der Klimaministerin und müsse nicht vorab mit dem Koalitionspartner vereinbart werden.

Unterstützt wird Gewessler von mehreren Politprofis, die in ihrem Kabinett tätig sind. Darunter etwa Kabinettschef Felix Ehrnhöfer, der stellvertretender Kabinettschef von Ex-Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein und zwischen 1991 bis 2005 Direktor des Grünen Parlamentsklubs war. Ehrnhöfer sei gemeinsam mit Stefan Wallner, Kabinettschef von Vizekanzler Werner Kogler, ein "zentrales Duo" bei den Grünen", meint Hofer.