In Washington soll der Boden für einen wirklichen Frieden bereiten werden.
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Jerusalem/Ramallah. (apa/dpa) Ganz einträchtig hingen die Flaggen Israels und der Palästinenser nebeneinander, daneben die Stars and Stripes der USA. US-Außenminister John Kerry hatte die Unterhändler beider Seiten in den Thomas Jefferson-Saal des Ministeriums zum Dinner geladen. Bei den ersten direkten Gesprächen seit 2010 soll es um den Fahrplan für die vereinbarten Friedensverhandlungen gehen. US-Präsident Barack Obama schaltete sich persönlich ein, er empfing die Unterhändler beider Delegationen. Ein Hinweis darauf, wie wichtig den USA die Gespräche sind.
Das vielen als illusionär erscheinende Fernziel ist Frieden zwischen den beiden Völkern. Dafür aber müssen die Palästinenser einen eigenen Staat bekommen, der in Frieden neben dem jüdischen Israel gedeihen kann.
Ob das gemeinsame Fastenbrechen während des islamischen Fastenmonats Ramadan auch ein Symbol für ein Ende der Durststrecke auf dem Weg zum Frieden ist, wird sich erst zeigen müssen. Israels Justizministerin Zipi Livni und der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat sprachen am Montag zunächst eineinhalb Stunden miteinander. Sie sind alte Bekannte, haben so schon früher zusammengesessen und sich dann doch wieder nicht einigen können. Kerry zog jedenfalls eine positive Bilanz der Auftaktrunde. Die Gespräche seien "konstruktiv und positiv" verlaufen. Kerry kündigte an, dass die nächste Verhandlungsrunde innerhalb der nächsten zwei Wochen entweder in Israel oder im Westjordanland stattfinden soll.
Mit am Tisch saß zum Auftakt auch der Gesandte von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu, Izcha Molcho, und Erekats Stellvertreter Mohammed Shtajeh, der nach Berichten aus dem Teilnehmerkreis schon eifrig Notizen in ein kleines schwarzes Büchlein eintrug. Auch der frisch bestellte US-Vermittler für die auf mindestens neun Monate angelegten Gespräche, Martin Indyk, war mit von der Partie.
"USA wollen Frieden mehr als Israelis und Araber"
Ihn holte am Dienstag in israelischen Medien jedoch eine vor eineinhalb Jahren abgegebene pessimistische Einschätzung ein: "Ich bin nicht gerade optimistisch, weil ich denke, dass es im Kern darum geht, dass die größten Zugeständnisse, zu denen Israel bereit wäre, weit hinter den Mindestanforderungen zurückbleiben werden, die Abu Mazen (der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas) stellen wird", zitierte ihn die Zeitung "Haaretz". Der israelische Armeesender hatte das Zitat Indyks aus dem Jahr 2011 ausgegraben, das auch heute noch viele Israelis und Palästinenser sofort unterschreiben würden. Heute hört sich der zweimalige frühere US-Botschafter in Israel freilich anders an. "Vielleicht werden wir ja doch noch in der Lage sein, allen jenen jungen Israelis und Palästinensern, die sich nach einem besseren Morgen sehnen, zu sagen, wir haben es tatsächlich geschafft". Fraglich ist, ob die Jungen und die Älteren und vor allem die Politiker beider Seiten wirklich zu den dafür notwendigen Konzessionen bereit sind. "Die Vereinigten Staaten von Amerika wollen den Frieden mehr als Israelis und Palästinenser", kommentierte "Haaretz" kürzlich.
Die Hindernisse auf dem Weg zu einem Friedensvertrag sind gewaltig. Die Palästinenser wollen in Ostjerusalem ihre Hauptstadt, Israel beansprucht dagegen ganz Jerusalem als seine ewige Hauptstadt. Die Palästinenser wollen ihren Staat in den Grenzen von 1967. Premier Netanyahu ist der festen Überzeugung, diese Grenzen seien nicht zu verteidigen. Er lehnt sie deshalb ab. Die Palästinenser pochen auf ein Rückkehrrecht für etwa 5,3 Millionen Flüchtlinge nach Israel, was die Juden zur Minderheit im eigenen Land machen würde.
Angesichts dieser Fallstricke könnten die USA ein Interimsabkommen im Sinn haben. Eine Einigung auf Grenzen und Sicherheitsgarantien ja, Jerusalemfrage und Schicksal der Flüchtlinge später oder nie, so die Spekulation. Für Abbas aber wäre das extrem riskant, meint der Politologe von der angesehenen Birzeit-Universität in Ramallah, Neschet Aktasch. "Wenn Abbas mit einem Verhandlungsergebnis ohne Jerusalem, ohne Rückkehrrecht und ohne die Grenzen von 1967 zurückkehrt (...), wäre das sein Ende", warnt er.