Im Rahmen des "Europäischen Semesters" werden die Reformpläne der Regierung überprüft. Dabei gilt: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!
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Während Österreichs Schüler Semesterferien hatten oder haben, beginnt für Politiker und Beamte erst ihre Arbeit im Rahmen des "Europäischen Semesters": Die Reformpläne der Regierung werden auf europäischer Ebene überprüft.
Das "Europäische Semester" ist die Gesamtschau der Haushaltsplanungen aller EU-Länder. Die Kommission ist beauftragt, als unabhängige Prüfinstanz zu dienen. Ihre Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten sind im Vorjahr gestärkt worden. Dieser "präventive Kontrollmechanismus" gewährleistet ein wirksameres Einschreiten bei Verstößen gegen den Stabilitätspakt sowie einen einheitlicheren Planungszyklus für nationale Budgets.
Für heuer hat die EU-Kommission fünf Prioritäten definiert, die den Mitgliedsländern als Maßstab und Leitfaden für die Erstellung ihrer nationalen Reformprogramme bis Ende April dienen:
1. Sicherstellung, dass die fiskalische Konsolidierung nicht zu Lasten von Sektoren geht, die für Wachstum und Jobs wesentlich sind - also etwa Bildung und Innovation. Dieser Spagat kann nur gelingen, wenn die knappen Mittel gezielt verwendet und neue Investitionspotenziale angesprochen werden.
2. Wiederherstellung von Vertrauen und Stabilität auf dem Finanzsektor. EU-Beschlüsse hinsichtlich der Eigenkapitalausstattung der Banken, der Beschränkung riskanter Finanzgeschäfte oder der Transparenz über Wirtschaftsdaten sind dringend umzusetzen.
3. Impulse für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft. Strukturen sind so zu adaptieren, dass Produkte und Dienstleistungen der globalen Konkurrenz standhalten können.
4. Maßnahmen gegen die dramatische Arbeitslosigkeit. Mittels Weiterbildung, höherer Flexibilität und Mobilität auf dem Arbeitsmarkt sowie Einsatz für am meisten benachteiligte Gruppen wie die Jugendarbeitslosen soll hier eine Perspektive gegeben werden.
5. Modernisierung der öffentlichen Verwaltungen. Es geht dabei nicht nur um Strukturen, sondern auch um Abläufe. Die Mühlen einer ineffizienten Verwaltung kosten auch Wirtschaftskraft.
Zu einer Überprüfung anhand dieser Prioritäten kommen noch "Nachprüfungen" vom Vorjahr. Für Österreich waren zum Beispiel folgende Probleme moniert worden: die mangelhafte Teilnahme am Arbeitsmarkt durch ältere Arbeitnehmer, Frauen und Personen mit Migrationshintergrund; die hohe Quote an Schulabbrechern unter sozial exponierten Jugendlichen; oder die fehlende Nachhaltigkeit des Haushalts und der Pensionsversorgung.
Die Umsetzung des "Europäischen Semesters" folgt nach einem partnerschaftlichen Ansatz. Als EU-Kommission sind wir aktive Berater und Begleiter. Unsere länderspezifischen Empfehlungen werden dem Europäischen Rat im Juni vorliegen und sollen helfen, die Weichen in die richtige Richtung zu stellen. Damit nimmt die Kommission jene zentrale Rolle in der wirtschaftspolitischen Koordination der EU ein, die ihr von den Regierungen zugedacht wird. Diese haben die Lehren aus der Schuldenkrise gezogen: Vertrauen ist gut, Kontrolle besser!