Unpopuläre Überweisungen nach Brüssel. | Neue Wege der Geldbeschaffung notwendig. | Noch einmal ist es gut gegangen. Die EU hat ein Rahmenbudget für 2007 bis 2013. Das ist neben der Einigung auf die Dienstleistungsrichtlinie ein Erfolg für die bisher eher ruhige österreichische Ratspräsidentschaft. Doch das unwürdige Feilschen um ein paar Millionen Euro bei einem Gesamtvolumen von schließlich 864 Milliarden hat keine Zukunft. Fast ein Jahr lang hatten sich die Vertreter der Mitgliedsstaaten bis hinauf zu den Staats- und Regierungschefs fast die Köpfe eingeschlagen. Das nächste Mal werde es Tote geben, hatte Bundeskanzler Wolfgang Schüssel die Stimmung im Dezember umrissen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 18 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Zuletzt prallten die Verhandler des EU-Parlaments und der österreichischen Ratspräsidentschaft mehrmals ergebnislos aufeinander. Unter dem Druck der Mitgliedsstaaten wollten die Österreicher "aus Verantwortung gegenüber dem europäischen Steuerzahler" nicht mehr Geld hergeben. Gerade den Steuerzahlern kommen höhere Investitionen in Zukunftsbereiche wie Forschung, Bildung und Verkehrsnetze zu gute, erwiderten die Abgeordneten.
Diese Argumentation ist zwar an sich richtig, geht aber ins Leere. Das Problem ist nämlich, dass die EU sich zunehmend aus den Beiträgen der Mitgliedsstaaten finanziert. Nur knapp ein Fünftel kommt aus eigenen Einnahmen, die sich auf Zölle beschränken. Im Zuge von WTO-Verhandlungen, die etwa massive Zollreduktionen gegenüber den Ländern der dritten Welt mit sich brachten, schrumpfen sie ständig.
Und es wird zunehmend schwieriger, Geld aus den Mitgliedsländern zu bekommen. Denn die haben ständig ihre Nettobilanz vor Augen. Nicht nur wenn Wahlkampf ist, wollen die Regierungen möglichst viel von ihrem Geld zurück. Denn die Überweisungen nach Brüssel sind unpopulär.
Weniger Förderungen für die ländliche Entwicklung, kein Geld mehr für das Burgenland oder weniger Geld für den Brenner-Basis-Tunnel sind etwa in Österreich rote Tücher. Frankreichs Präsident Jacques Chirac kann unmöglich gegen seine mächtige Agrarlobby Kürzungen der direkten Landwirtschaftsförderungen zulassen. Der sowieso EU-kritischen britischen Bevölkerung ist ein Verzicht auf den inzwischen anachronistischen Beitragsrabatt ihres Landes nicht zumutbar. Die neuen Mitgliedsländer im Osten fühlen sich chronisch durch zu geringe Gelder für den Aufbau ihrer Infrastruktur benachteiligt.
Ziel der grundsätzlichen Überarbeitung des EU-Budgets ab 2008 muss daher vor allem die Schaffung einer neuen direkten Einnahmequelle für die Union sein. Doch Ideen wie eine EU-Steuer auf Flugbenzin oder kurzfristige Finanztransaktionen wurden bisher immer glatt abgelehnt. Inzwischen will sich auch Schüssel nicht mehr zu einem seiner Lieblingsthemen äußern. Die Hoffnungen liegen bei der EU-Kommission. Von der Machbarkeit ihres Vorschlags hängt die Zukunft der EU ab.