Die Nominierungen für den Rechnungshof sind abgegeben. Grüne und Neos einigen sich auf eine Kandidatin.
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Wien. Der Rechnungshof feiert in diesem Jahr seinen 255. Geburtstag. Wer der Prüfbehörde künftig präsidieren will, muss sich am 8. Juni einem öffentlichen Hearing im Nationalrat stellen. Was selbstverständlich klingt, findet tatsächlich zum ersten Mal statt, Grüne und Neos hatten darauf gedrängt. Erst seit 1992 müssen sich die Kandidaten dem zuständigen Hauptausschuss des Nationalrats präsentieren, bisher war die Anhörung jedoch nicht öffentlich.
Nachdem Grüne und Neos am Freitag mit Viktoria Kickinger eine gemeinsame Kandidatin nominierten, werden nächste Woche fünf Bewerberinnen und drei Bewerber für das auf zwölf Jahre befristete Präsidentenamt des Rechnungshofs zum Hearing antreten. Am 30. Juni endet die Amtszeit von Josef Moser, der einst von der FPÖ nominiert worden war.
Auch diesmal könnte es eine Kandidatin aus dem Stall der Freiheitlichen werden, allerdings auf einem Ticket der ÖVP. Helga Berger kennt die politische Bühne als Mitarbeiterin Jörg Haiders und Kabinettschefin unter der damaligen schwarz-blauen Vizekanzlerin Susanne Riess, wechselte dann aber in den Staatsdienst. Seit Dezember leitet sie eine der wichtigsten ministeriellen Sektionen der Republik, die Budgetabteilung im Finanzministerium, davor war sie auch im Rechnungshof tätig. Parteimitglied ist Berger weder bei FPÖ noch ÖVP.
Die Juristin geht insofern als Favoritin ins Rennen, da die FPÖ in einem zweiten Wahlgang im Hauptausschuss, einen Tag nach dem Hearing, für Berger stimmen könnte. Die Freiheitlichen schicken zwar die Ökonomin Barbara Kolm ins Hearing, sie dürfte aber nicht mehrheitsfähig sein, Berger wäre dann die logische Zweitwahl der FPÖ.
Im 28-köpfigen Hauptausschuss des Nationalrats verfügen Schwarz und Blau über genau die Hälfte der Stimmen. Sie könnten also gemeinsam jede andere Wahl verhindern, bräuchten aber selbst noch eine Stimme einer anderen Fraktion. Nach derzeitigem Stand könnte sie am ehesten vom Team Stronach kommen, für das Waltraud Dietrich im Hauptausschuss sitzt, nicht Klubchef Robert Lugar.
Steger nur mehr Außenseiter
Die mittlerweile kleinste Oppositionspartei (nach Anzahl ihrer Abgeordneten) schickt ihrerseits Walter Laki ins Rennen und unterstützt zudem SPÖ-Kandidat Gerhard Steger. Vor Monaten wäre dieser noch Favorit gewesen - abgesehen davon, dass die ÖVP offenbar aus prinzipiellen Überlegungen früh klar machte, nicht für Steger zu votieren. Der 58-jährige Beamte hatte die Position im Finanzministerium, die Berger seit Dezember ausfüllt, 16 Jahre inne. 2014 wechselte er dann in den Rechnungshof. Es gibt nur sehr wenige Personen, die die Gebahrung der Republik so gut kennen wie er.
Das Pech Stegers ist, dass im Parlament der erklärte Wille eingekehrt ist, nach einer ganzen Reihe an neuen Postenbesetzungen und Wahlkonsequenzen (Kanzler, Bundespräsident, Landesregierungen) eine Frau an die Spitze des Rechnungshofes zu hieven. Bis auf das Team Stronach haben alle Fraktionen zumindest eine Kandidatin nominiert. "Bei gleicher Qualifikation bin ich dafür, dass es eine Frau wird", sagt Eva Glawischnig-Piesczek von den Grünen, die gemeinsam mit den Neos die Unternehmerin und Aufsichtsrätin Viktoria Kickinger ins Hearing schicken. "Sie hat Erfahrung in öffentlichen Ämtern und keine Parteikarriere hinter sich", sagt die Bundessprecherin. Neos-Chef Matthias Strolz streicht Kickingers "breite Führungs- und Kontrollerfahrung" hervor. Für die Unternehmerin spreche auch ihre Repräsentationsfähigkeit, so Glawischnig-Piesczek.
Geheime Wahl im Plenum
Kickinger wird zwar eine Nähe zur SPÖ attestiert, die Sozialdemokraten nominierten aber die unabhängige Wirtschaftsprüferin Elfriede Baumann als Kandidatin. Das bedeutet aber nicht, dass bei mehreren Wahlgängen im Hauptausschuss nicht auch die roten Stimmen wandern könnten. Im Gegenteil: Kickinger scheint für die SPÖ wählbar - und auch für das Team Stronach.
Nicht ganz unwahrscheinlich ist, dass sich im Ausschuss eine Patt-Stellung ergibt: 14:14. In dieser Wahl würde so lange gewählt werden, bis sich eine Mehrheit ergibt. Oder es wird vertagt - und dann viel telefoniert. Zur Abstimmung ins Plenum kommt nur noch ein Name. Zwar hatte man sich bereits darauf verständigt, den Abgeordneten zwei wählbare Personen zu präsentieren, das ging jedoch rechtlich nicht.
Im Plenum hätten ÖVP und FPÖ keine Mehrheit und selbst mit allen Stimmen vom Team Stronach wäre diese nur dünn, nämlich zwei Mandate. "Es wird ein offenes Verfahren und ein spannendes Rennen", sagt Glawischnig-Piesczek. Nachsatz: "Wie sich das auch gehört." Gibt es im Plenum bei geheimer Abstimmung keine Mehrheit, wandert die Angelegenheit wieder in den Ausschuss zurück. Dann beginnt das Spiel wieder von vorne.