Analyse: Dmytro Firtasch kennt ehemalige Wahlkampfberater von Donald Trump gut. Justizminister Wolfgang Brandstetter muss nun die heikle Auslieferung des ukrainischen Oligarchen an die USA entscheiden.
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Wien. Der ukrainische Oligarch Dmytro Firtasch, der exzellente Kontakte zur russischen Gazprom hat, darf also an die USA ausgeliefert werden. Das Wiener Oberlandesgericht hat der Auslieferung zugestimmt, das Landesgericht hatte es 2015 abgelehnt. Die USA beschuldigen Firtasch der Korruption, er soll Schmiergeld an indische Politiker bezahlt haben.
Das Oberlandesgericht hat mit der Entscheidung die heiße Kartoffel an Justizminister Wolfgang Brandstetter weitergereicht, denn der 51-jährige Firtasch befindet sich plötzlich mitten in der internationalen Politik - für die Republik Österreich wird das eine delikate Angelegenheit, denn Wien befindet sich plötzlich mitten in den Ermittlungen um die Russland-Kontakte von US-Präsident Donald Trump.
Putin-freundlich,enge Kontakte zu Janukowitsch
Denn Firtasch hatte geschäftliche Kontakte zum ehemaligen Trump-Wahlkampfmanager Paul Manafort. Angeblich kennt er auch Carter Page, einen US-Investmentbanker mit engen Kontakten nach Moskau. Auch Page war eine Zeit lang durchaus prominent im Wahlkampf-Team Trumps.
Firtasch gilt als Putin-freundlich und hatte enge Kontakte zum ehemaligen ukrainischen Präsidenten Janukowitsch, der nach den Maidan-Protesten fliehen musste und ebenfalls von Putin unterstützt wurde.
Firtasch war zudem in den 2000er Jahren 50-Prozent-Eigentümer der mittlerweile liquidierten ukrainischen Gashandelsfirma Roskukrenergo. Die anderen 50 Prozent gehörten Gazprom, dem staatlichen russischen Energiekonzern. Als Treuhänder für Firtasch trat eine Zeit lang die zur RZB gehörende Raiffeisen Invest auf. Auf Druck der US-Finanz- und sonstiger Dienste deckte Raiffeisen schließlich das Treuhandverhältnis auf. Über Rosukrenergo wurde der Transit von russischem Erdgas nach Europa in der Ukraine abgerechnet. Die reine Handelsgesellschaft (die Pipeline gehört Gazprom) setzte so Milliarden um, Korruptionsgerüchte darum gab es ständig. Raiffeisen ist in Russland und der Ukraine mit großen Tochter-Banken tätig.
Dmytro Firtasch verlegte in der Folge seine Aktivitäten nach Österreich und bündelte sie in seiner DF-Holding. Dazu gehörte auch die in der Schweiz angesiedelte Ostchem, ein Düngemittel-Händler. In der Kunstdünger-Produktion ist Erdgas der wichtigste Rohstoff. Westliche Geheimdienste vermuten, dass Geld in die Ostukraine floss, um die russischen Separatisten zu unterstützen. Ukrainische Abgeordnete in Kiew bezeichnen Firtasch überhaupt als "den Broker Putins in der Ukraine". Der Kreml wies das immer zurück, Firtasch sei ein "unabhängiger Geschäftsmann".
Seine nun vom Wiener Gericht freigegebene Auslieferung in die USA, die von Firtasch mit sichtlichem Entsetzen verfolgt wurde, schlägt daher international hohe Wellen. 2014 wurde Firtasch - auf Ersuchen der USA - in Österreich verhaftet, kam aber durch Zahlung einer Kaution von 125 Millionen Euro wieder frei. An Geld scheint es Firtasch also nicht zu mangeln. Er durfte allerdings Österreich nicht verlassen.
Ob die Regierung mit dem Gast allerdings jetzt noch große Freude hat, ist zu bezweifeln. Die Trump-Russland-Connection wird derzeit vom FBI untersucht und gilt in Washington als überaus brisantes Thema. US-Medien stellen sich bereits die Frage, ob die jetzige Trump-Administration Dmytro Firtasch tatsächlich vor einem US-Gericht sehen möchte. Unbestritten sind seine Kontakte zum ehemaligen Trump-Berater Paul Manafort, der wegen einer Millionen-Zahlung aus der Ukraine im August 2016 als Wahlkampf-Manager Trumps zurücktreten musste. Mit ihm wollte er in ein Hotel in New York ("Drake") investieren, der Deal platzte schließlich. Westliche Geheimdienste prüfen mittlerweile, ob russische Investments in den USA im Trump-Umfeld stattgefunden haben. Donald Trump beteuerte stets, dass er als Unternehmen keinerlei Investments in Russland habe, was auch zutrifft.
Die frühere ukrainische Ministerpräsidentin Julia Timoschenko soll Donald Trump nach Angaben des US-Nachrichtenportals "Politico" Anfang Februar kurz getroffen haben, und ihm dabei regelrecht aufgelauert haben. Wie das zusammenpasst, ist unklar.
Klar ist aber, dass Dmytro Firtasch in den USA wohl auch von den Nachrichtendiensten befragt werden würde - wenn er denn tatsächlich ausgeliefert wird. Das liegt jetzt am Justizminister, und niemand beneidet Brandstetter für diese Entscheidung.
Denn Österreich will auch seine traditionell guten Beziehungen zu Russland nicht aufs Spiel setzen. Mit der Sberbank und der VTB haben die zwei größten staatlich kontrollierten Banken Russlands ihre internationalen Zentralen in Wien. Die Wiener Sberbank ist deswegen extra von den EU-Sanktionen ausgenommen. Der russische Oligarch Oleg Deripaska, der ebenfalls gute Kontakte zu Putin hat, ist Großaktionär des Baukonzerns Strabag. Der bekannte österreichische Manager Siegfried Wolf (früher Magna-Chef) ist an Deripaska-Unternehmen beteiligt und ein lautstarker Gegner der Sanktionen gegen Russland. Der größte private Ölkonzern Russland, Lukoil, hat seine International-Holding in Wien angesiedelt.
Wie immer also in der Firtasch-Sache endgültig entschieden wird, politisch wird es in jedem Fall ein Drahtseilakt der Regierung.
Festnahme nach Gerichtsverhandlung
Eine weitere Facette erfuhr der Fall Firtasch am Dienstagnachmittag, als der Oligarch nach der Gerichtsverhandlung festgenommen wurde. Grundlage für die Verhaftung sei jedoch nicht, dass das Gericht seine Auslieferung an die USA für zulässig erklärte, sondern ein europäischer Haftbefehl aus Spanien, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft der APA. Seit November 2016 liegt ein Auslieferungsgesuch Spaniens gegen Firtasch wegen Geldwäsche und organisierter Kriminalität vor. "Ergänzende Informationen seitens der spanischen Behörden" seien laut Staatsanwaltschaft nun erst eingetroffen. Laut "El Pais" wird Firtasch beschuldigt, ein Geldwäsche-Netz, das vor allem in Katalonien tätig war, angeführt zu haben. Von Immobiliengeschäften und Restaurants im Wert von zehn Millionen Euro ist dabei die Rede. Das Geld soll aus Firmen in Zypern und den Jungfraueninseln stammen.