IWF sorgt mit "Zwangsabgabe" für Aufschrei - und erwähnte nur alte Studie.
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Wien. Wenn es gegen den Internationalen Währungsfonds (IWF) und seine angebliche 10-prozentige "Zwangsabgabe" auf Sparbücher geht, steht Österreich da wie eine Mauer. Von Notenbank-Gouverneur Ewald Nowotny und Raiffeisen-Vorstand Walter Rothensteiner abwärts warnt man "eindringlich" vor der Verunsicherung der Sparer. "Wahnwitzig", empört sich Verfassungsrechtler Heinz Mayer.
Nur: Der IWF hat die "Zwangsabgabe" nie gefordert. In einem 100 Seiten starken Schwerpunktbericht zu Steuern erwähnt er in einer Randnotiz ein Modell, das im Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) 2012 vom Ökonomen Stefan Bach behandelt wurde und distanziert sich im selben Schriftzug. Die Maßnahme habe historisch ihre Wirkung verfehlt. Generell bewertet der IWF "die moderne Geschichte der Vermögenssteuern als "nicht ermutigend". Kein Sparbuch-Schreck also. Trotzdem macht die bloße Behandlung von Bachs Idee - die sich nicht wesentlich von der SPÖ-Vermögenssteuer unterscheidet - den IWF nun genau dazu.
"Wiener Zeitung":Schlechtes Gewissen, dass der IWF als Sparstrumpfräuber dasteht?Stefan Bach: Diese Vermögensabgabe ist eine alte Idee, die immer wieder diskutiert und in Krisenzeiten auch umgesetzt wurde, etwa in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg.
Ist die Lage so schlimm?
Für Deutschland und Österreich ist keine fiskalische Notsituation gegeben. Aber für Krisenländer wie Spanien, Griechenland, Portugal ist die Vermögensabgabe ein durchaus geeignetes Mittel. Die fiskalischen Schieflagen sind beträchtlich. Auf diese Krisenländer hat sich unser Modell damals vor allem bezogen.
Aber man kann es auch in Deutschland umsetzen, wenn man Schulden tilgen will und dazu hohe Vermögen belasten will. Der Anlass für unsere Untersuchung war ein solcher Vorstoß der Grünen. Die machten einen Gesetzesentwurf und wir haben das Aufkommen und die Verteilungswirkungen berechnet. Das war keine Empfehlung von uns.
Warum ist ständig von Zwangsabgabe für Sparer die Rede?
Das hat wohl mit Zypern zu tun. Dort hat man eine Zwangsabgabe auf Sparbücher erhoben. Aber das führte zu großen Ungerechtigkeiten, wenn jemand, der gerade Geld auf dem Konto hatte, voll belastet wird, und jemand, der das Geld gerade ausgegeben hatte, gar nicht getroffen wird. Die Vermögensabgabe, die wir untersucht haben, ist breiter angelegt und bezieht alle Vermögen mit ein - ab einem Freibetrag von zum Beispiel 250.000 Euro pro Person. Damit träfe man in Deutschland die reichsten acht Prozent der Bevölkerung.
Im Kern ist das jene Vermögenssteuer, die in Österreich die SPÖ fordert, nur mit einem höheren Freibetrag von einer Million Euro.
Genau. Diesen Freibetrag hatten auch die deutschen Grünen im Entwurf. Wir haben vorgeschlagen, eher früher mit einem niedrigeren Satz einzusteigen, damit sich ein nennenswertes Aufkommen ergibt.
Trotzdem ist der Aufschrei wieder enorm, obwohl der IWF nur Ihre Studie gestreift hat.
Die Leute fühlen sich durch solche unangekündigten Abgaben überrumpelt und enteignet. Da muss der Leidensdruck schon hoch sein, um das zu akzeptieren. Hintergrund der Diskussion ist aber auch: Hohe Einkommen und Vermögen haben seit den 90er Jahren überdurchschnittlich zugenommen, und zugleich haben die meisten Länder die Steuerbelastungen in dem Bereich gesenkt. Die Krise hat in vielen Ländern zu Sozialkürzungen und Erhöhungen bei indirekten Steuern geführt. Dadurch haben die Mittelschichten und die Armen verloren gegenüber Wohlhabenden. Jetzt gibt es ein Bedürfnis zur Umverteilung in die andere Richtung.
Welche alternativen Varianten zur Vermögensabgabe sehen Sie?
Man kann den Spitzensteuersatz anheben, die Kapitalertragsteuer oder, wo es diese gibt, die Erbschaftssteuer. In Deutschland ist die Grundsteuer reformbedürftig. Dann muss man auch nicht die Vermögen neu erheben.