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Das gallische Weihnachtsdorf

Von Christina Böck

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Heuer hat er ein Packerl in der Hand. Der limitierte Weihnachtsengel 2015 aus der deutschen Traditionswerkstatt Wendt & Kühn hat denselben pausbäckigen Charme wie dutzende vor ihm. Seit den 20er Jahren wird jedes Jahr ein neuer Engel aufgelegt. Doch die "FAZ" hat nun in einer zu Herzen gehenden Reportage von einer bedenklichen Entwicklung berichtet. Sie begleitete eine Familie, die ihre Engel jedes Jahr am Nürnberger Christkindlmarkt gekauft hat. Allein: Es war kein rundgesichtiger Himmelsbote mit notdürftiger Lockenfrisur neben allerlei Saisontand aus asiatischen Produktionsstätten auszumachen. Es hatte sich aber kein breitarschiger Weihnachtsmann darauf gesetzt, sie waren auch nicht von einem Rentierrudel vergenusszwergelt worden. Die Engelfirma hatte einfach grundsätzlich die Zusammenarbeit mit Marktstandlern beendet. Polemisch gesagt: Die Engelversorgung war nur zu DDR-Zeiten schlechter, als die ostdeutsche Firma mit ihrem Außenhandelskontingent die Nachfrage nicht stillen konnte.

Bei so mutwilliger Traditions-Sabotage aus den eigenen Reihen ist es kein Wunder, dass in Deutschland auch im Sozialen Medium Twitter der Weihnachtsmann das Christkind überholt hat. Anders hier im gallischen Weihnachtsdorf: Österreichs Twitterer glauben laut einer Studie noch unerschütterlich an das Christkind. Dass sie auf der richtigen Seite der Weihnachtsmacht stehen, weiß jeder, der der Emoji-Sprache kundig ist. Da gibt es schließlich schon seit Jahren ganz unverhohlen ein Christkindsymbol. Durchhalten, Christkind-Verbündete! Der Rest der Welt wird’s schon noch kapieren!