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Das Gas kommt aus der Klomuschel

Von Veronika Gasser

Wirtschaft

Biogas aus Klärschlamm boomt. | Kommunale Fuhrparks wurden auf Biogas umgestellt. | Stockholm. Wie einer Energiekrise mittels heimisch erzeugter Energie vorzubeugen ist, zeigen in Europa die kühlen Schweden bestens vor. Sie setzen beim Heizen und Verkehr auf jenes Gas, das aus der Klomuschel kommt.


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Die Rede ist von Biogas, das am Ende der Nahrungsmittelkette steht und im Zuge der Abwasserreinigung in den kommunalen Kläranlagen hergestellt wird. Die Schweden sind auf diesem Gebiet Pioniere: Rund die Hälfte der Biogas-Anlagen in der EU befinden sich in dem nördlichen Mitgliedsland. Wohl auch deshalb, weil Schweden im Unterschied zu den meisten europäischen Staaten nur ein kleines Erdgasnetz hat.

Zu Beginn war es eigentlich ein überflüssiges Nebenprodukt der Abwasserbeseitigung, das in Österreich und vielen anderen Ländern abgefackelt wurde. Doch bald erkannte man den hohen Wert, der flüchtigen Substanz als neuen Energie- und Treibstoff. Aus dem Klärschlamm entsteht bei der Vergärung Methan und Kohlendioxid. Damit das Methan als Biogas zum Einsatz kommen kann, muss ihm der Großteil des Kohlendioxids entzogen werden. Weiters müssen auch Stickstoff und Schwefelwasserstoff abgesondert und gleichzeitig der Methangehalt auf 97 Prozent gehoben werden.

In den späten 80er-Jahren begann man erstmals damit, aus Biogas einen Kraftstoff zu erzeugen. Dieser Sektor hat seither einen regelrechten Boom erlebt. Im Wesentlichen deshalb, weil sich die Herstellung des Gases aus Klärschlamm als kostengünstig und umweltfreundlich erwies. Das Gas ist von der Mineralölsteuer befreit und daher um 40 Prozent billiger.

Der Verbrauch hat sich in den letzten fünf Jahren verdreifacht und beträgt bald die Hälfte des gesamten Gasbedarfs für Fahrzeuge. Ein weiterer Vorteil: Die Lärm- und Abgasbelastung ist äußerst gering. Bei der Verbrennung im Motor erweist sich das Gas als umweltfreundlich, dem Auspuff entweichen lediglich Wasser und Kohlendioxid.

17 Städte betreiben Busflotte mit Biogas

Mittlerweile versorgen 17 schwedische Städte ihre Busflotten und den kommunalen Fuhrpark ausschließlich mit Biogas. Auch existiert ein Biogas-Tankstellennetz (an etwa 60 Orten) in ganz Schweden, das es auch privaten Autofahrern ermöglichen soll, auf den biologischen Treibstoff umzusteigen. Jährlich werden neue Tankstellen eröffnet.

Mit einer Füllung kann man derzeit 350 Kilometer weit fahren. Der Autokonzern Opel arbeitet an einem Modell mit einer doppelt so hohen Reichweite von 500 bis 700 Kilometern.

Außerdem haben die Biogasautos einen entscheidenden Vorteil; sollte einem das Biogas versehentlich ausgehen, kann es dank eines zusätzlichen Tanks auch mit Benzin betrieben werden. Die Mehrkosten gegenüber herkömmlichen Pkw betragen etwa 1500 Euro, wobei aber die Hälfte vom Staat gefördert wird.

Malmberg will in Österreich Fuß fassen

Vor allem die südschwedische Stadt Kristianstad hat sich dem Biogas verschrieben. Die Vision: Unabhängig von fossilen Treibstoffen zu werden.

In der nächstgelegenen Ortschaft Ahus hat der Energie und Abwasserspezialist Malmberg seinen Sitz. Das Familienunternehmen ist auf dem Gebiet der Biogasherstellung führend. Zwei Drittel der Aufbereitungsanlagen kommen aus dem Hause Malmberg, sie sollen ein Exportschlager werden. Auslöser für den Fokus auf die Alternativenergie waren steigende Öl- und Gaspreise sowie die jüngsten Energie-Krisen.

Direktor Johan Möllerström ist davon überzeugt, dass bis zu 20 Prozent des schwedischen Gasverbrauchs aus der Klomuschel gedeckt werden können. Derzeit werden pro Jahr 0,2 Terawattstunden erzeugt, in den nächsten Jahren sollen es 1,1 Terawattstunden sein. Malmberg sieht auch in Österreich Biogaspotenzial und möchte daher in den nächsten Jahren hier mit einem lokalen Partner eine Niederlassung gründen.

>Die Alternativen zu fossiler Energie >Bis 2020 unabhängig von importiertem Erdöl und Gas