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Das Gegenteil einer Krisenregion: "Hubs of Hope"

Von Christof Lanzinger

Gastkommentare
Christof Lanzinger ist Data-Scientist am Zukunftsinstitut in Wien. Der Text ist ein gekürzter Auszug aus dem "Zukunftsreport 2018", dem Jahrbuch für gesellschaftliche Trends und Business-Innovationen des Zukunftsinstituts (www.zukunftsinstitut.de).

Wie auf Niedergang wieder Aufstieg folgen kann, zeigen die Beispiele Südkorea, Nigeria, Ruanda und Botswana.


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Die Definition einer Krisenregion ist bekannt: Eine Gegend auf der Welt, in der Kriege und Konflikte, Seuchen und Hungersnöte, Naturkatastrophen und Super-GAUs einen Teufelskreis ausgelöst haben, aus dem die betroffene Region so schnell nicht wieder herausfinden wird. Aber gibt es auch so etwas wie das Gegenteil einer Krisenregion? Eine Stadt, ein Land oder eine Landschaft, wo ökonomische, ökologische und politische Voraussetzungen in einem "Engelskreis" die Lebensbedingungen der Menschen innerhalb kürzester Zeit massiv verbessern können?

Das Zukunftsinstitut hat sich auf die Suche nach diesen Anti-Krisenregionen gemacht und auf der ganzen Welt zahlreiche Beispiele dafür gefunden. Oft startete die Entwicklung vieler dieser "Hubs of Hope" von einem sehr niedrigen Niveau aus. Es war am Anfang also sozusagen viel "Luft nach oben". Schmerzhafte Krisen hatten oftmals viele unschuldige Opfer gefordert und alle althergebrachten Strukturen zerschlagen, ehe die Regionen an diesem Punkt ihrer Geschichte die Chance auf einen echten Neubeginn ergriffen.

So wurde die koreanische Halbinsel vor 65 Jahren durch den Koreakrieg verwüstet, erst 30 Jahre später kam es zumindest in Südkorea zu einer nachhaltigen Demokratisierung. Und damit gewann ein bis dahin zaghafter wirtschaftlicher Erholungsprozess massiv an Schwung. Heute ist Südkorea die elftgrößte Wirtschaftsnation der Welt, das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf rangiert unter den Top 30 weltweit. Ein Grund für diesen fulminanten Aufholprozess ist der Bildungshunger der Südkoreaner. Besuchten 1970 nur 7,2 Prozent der Koreaner
in der relevanten Altersgruppe eine Hochschule, so gehen heutzutage fast alle jungen Koreaner auf eine Universität. Das Beispiel Südkorea ist also eine Erfolgsgeschichte der vergangenen 30 Jahre.

Und nun schicken sich die Hoffnungsländer Afrikas an, diese ermutigenden Entwicklungen in weiten Teilen Asiens nachzumachen. Lagos, die Hauptstadt des ölreichen Landes Nigeria, entwickelt sich - Boko Haram hin, Benzinknappheit her - zu einem Epizentrum der Generation Global. Eine junge und gebildete Generation hat Lust auf mehr Wohlstand und auf politisches Mitspracherecht. Durch sie wird, wenn schon nicht ganz Nigeria, dann doch zumindest die Hauptstadt vom Gestern direkt ins Übermorgen katapultiert. Die Vorstadt Saba wird etwa ständig mit dem Silicon Valley verglichen, auch Facebook-Chef Mark Zuckerberg kam schon zu Besuch.

Diese beiden Länder seien nur exemplarisch genannt, die Liste lässt sich glücklicherweise weiter fortsetzen. Etwa um Ruanda, das nach einem schrecklichen Völkermord zu einem der wachstumsstärksten Länder der Erde geworden ist, oder Botswana, das laut Transparency International das am wenigsten korruptionsanfällige Land Afrikas ist. Auch in Europa, zum Beispiel in Island und Albanien, lassen sich positive, sich verstärkende Kreisläufe in Politik, Ökologie und Ökonomie erkennen: "Engelskreise" eben. Sie machen einzelne Orte zu Knotenpunkten der Hoffnung für den ganzen Planeten, aber besonders für Gegenden, die jetzt noch "Krisenregionen" sind.