Während sich die breite Öffentlichkeit fast nur für das Auf und Ab von kurzlebigen Konjunkturschwankungen interessiert und diese überbewertet, vollzieht sich heimlich still und leise ein weit wichtigerer, kaum wahrgenommener Prozess der langfristigen Erstarkung der österreichischen Wirtschaft im internationalen Vergleich.
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Die seit Jahren gehegten Befürchtungen von einem drohenden Rückfall hinter die EU und OECD haben sich in Schall und Rauch aufgelöst. Das seltsame vom Ausland argwöhnisch beäugte Phänomen dass Österreich seine strukturellen Strukturprobleme im Gegensatz zur Konkurrenz (Deutschland, Frankreich, Italien, Holland, Schweden, Finnland usw.) fast schmerzlos ohne absolute Wohlstandseinbußen und ohne besondere Wachstumseinbrüche geschafft hat, wurde von der EU-Kommission ausdrücklich bestätigt, indem sie Österreich gemeinsam mit Schweden, Finnland und Irland zu den wirtschaftlich erfolgreichsten EU-Nationen gekürt hat.
Wirtschaftsvergleich Österreich - EU (15) - USA
Nichts kann unseren wahren ökonomischen Standort besser beleuchten als der direkte Wirtschaftsvergleich mit der EU und den USA seit Beginn der EU-Integration (1995). Demnach ist die Österreichische Wirtschaft (95/03) mit 2,2% p.a. zwar nur genauso stark gewachsen wie jene der EU (2,2%) und deutlich schwächer als jene der USA (3,3%), aber dies gilt nicht für die allein maßgebliche Pro-Kopf-Basis. Je Einwohner liegt Österreich mit 2,0% p.a. nur hauchdünn hinter den USA (2,1%) aber doch signifikant vor der EU (1,8%). Im Produktivitätsvergleich vergrößert sich der österreichische Vorsprung vor der EU (1,8% p.a. gegenüber nur 1,1%) geradezu dramatisch. Nur die USA (2,0%) bleiben noch eine Spur voran. Die technologische Dynamik wird freilich erst an der Industrieproduktion und an der Exportstärke sichtbar. Nach diesen beiden Kriterien erweist sich die Überlegenheit Österreichs als besonders gravierend. Seit 95 wuchs unsere Industrie mit 4,5% p.a. 1,7 mal so stark wie jene der USA (2,8%) und 3 mal so stark wie jene der EU (.....). Noch glänzender erscheint die Performance Österreichs im Export (i.w.S.). Die Zuwachsrate Österreichs liegt mit 7,4% p.a. merklich über jener der EU (5,4%) und gar doppelt so hoch wie jene der USA (3,6%). Unter den klassischen Indikatoren nimmt die Leistungsbilanz zur Beurteilung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit eine Schlüsselrolle ein. In Österreich hat sich diese Kennzahl von -2,6% (95) des BIP auf -0,4% (03) um +2,2% enorm verbessert, in der EU ist sie mit jeweils +0,5% konstant geblieben und in den USA hat sie sich von -1,3% (95) auf -4,7% (03) dramatisch verschlechtert (-3,4%). Auch die Lage der Staatsfinanzen erscheint für die USA äußerst bedrohlich. Während Österreich sein Staatsdefizit von 5,2% des BIP (95) auf -1,1% (03) auf ein Fünftel reduzieren konnte, gelang dies der EU nur zur Hälfte von 5,2% (95) auf 2,6% (03). Enttäuschendes Schlusslicht sind wieder die USA deren Staatsdefizit noch von -3,1% (95) auf -4,8% (03) gestiegen ist. Damit leiden die USA am gefährlichen Symptom eines riesigen "Doppeldefizits".
Auch hinsichtlich des Indikators Preisstabilität liegt Österreich mit seiner Inflationsrate von 1,5% p.a. (95/03) weit besser als die EU (2,1%) und die USA (2,4%), was einen erheblichen Wettbewerbsvorteil bedeutet. Auch die oft hart kritisierte Arbeitslosigkeit ist bei uns in Wirklichkeit weit besser als ihr Ruf. Sie liegt derzeit mit 4,4% (03) zwar etwas höher als vor 8 Jahren (3,9), ist aber international immer noch beneidenswert niedrig. Die EU hält bei 8% und die USA bei 6,0% (einschließlich Häftlinge 7,5%).
Einer der sensibelsten Indikatoren zur Bewertung der Standortqualität und der Wettbewerbsfähigkeit überhaupt ist die Tendenz der Marktanteile am gesamten Weltexport. Auch diesbezüglich ist Österreich erfolgsverwöhnt. Seit 1995 hat es seinen Weltmarktanteil am Warenexport von 0,95% auf 1,2% (03) ausbauen können, d.s. +2,9% p.a. Die EU schaffte es von 33,5% auf 38,1%, d.s. nur +1,6% p.a. und der Anteil der USA schrumpfte sogar von 11,1% auf 9,7% d.h. um -1,7% p.a.
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
Im Vergleich der wichtigsten Wirtschaftsindikatoren schneidet Österreich hervorragend ab. In 7 von 10 Kriterien liegt Österreich mit großem Abstand besser als die USA und in sämtlichen 10 Kriterien auch deutlich besser als die EU. Das Verhältnis USA zur EU erscheint ziemlich ausgewogen wobei die globalen Wachstumsdaten eher für die USA sprechen und die Qualitätsmerkmale wie Leistungsbilanz, Staatsfinanzen, Exportkraft, Marktanteile und Preisstabilität klar für die EU. Daraus folgt, dass trotz der derzeit schwierigen Ausgangslage die EU langfristig gegenüber den USA am längeren und solideren Hebelarm sitzen könnte. Die derzeit starke Position der USA beruht daher trotz einer gewissen Wettbewerbsschwäche vor allem auf binnenwirtschaftlichen Faktoren wie stark steigender Militäraufwand, außenpolitische Aktivitäten, Weltraumambitionen, Hang zum Protektionismus usw.
Die sich nun anbahnende Konjunkturerholung scheint nunmehr den nachhaltigen Erfolg der Reformpolitik der EU einzuläuten. Für Österreich heißt das Erfolgsrezept zur Lösung aller Probleme ohne schmerzliche Radikalkuren wie anderswo höchste Produktivität dank optimaler Einkommenspolitik, den günstigsten Lohn-Stückkosten seit einem halben Jahrhundert und optimaler Preisstabilität. Die Quelle unserer wirtschaftlichen Unverwundbarkeit liegt offensichtlich im hart erarbeiteten Produktivitäts-Bonus, der den Einkommens-Bonus weit übertrifft. Während nämlich der Einkommensvorsprung zur EU lediglich 0,2% p.a. (seit 95) erreicht, beträgt der Produktivitätsvorsprung mit satten 0,7% p.a. das Mehrfache davon. Die Differenz von 0,5% garantiert fast automatisch eine gesicherte Spitzenposition in Europa und der ganzen Welt. In der Einkommenshierarchie wurde soeben mit Holland die zehnte einst überlegene Industrienation überflügelt, darunter alle Großmächte mit Ausnahme der USA, sowie Schweden, Finnland, Belgien und Australien. Drei weiteren ehemaligen Vorbilder wie Kanada, Dänemark und der Schweiz ist Österreich bereits so nahe gerückt, dass von einem signifikanten Rückstand keine Rede mehr sein. Die latente Skepsis über die ökonomische Zukunft Österreichs scheint nach Abwägung all dieser harten Fakten reichlich überflüssig zu sein.
Prof. Dr. Anton Kausel leitete von 1956 bis 1973 die Abteilung Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung und Öffentliche Finanzen im Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo). Anschließend war er im Österreichischen Statistischen Zentralamt (ÖSTAT) tätig. Von 1981 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1984 bekleidete er dort das Amt des Vizepräsidenten.