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Das Geheimnis der steuerlichen Absetzbeträge

Von Alfred Abel

Wirtschaft

Keine Chance, dass man sich seine Steuer selbst ausrechnen kann. Das ist die traurige Wahrheit, wenn man sich daran machen möchte, die in diesem Monat erstmals wirksame Steuerentlastung durch die | Reform 2000 im Einzelfall wenigstens annähernd festzustellen. Die Zeit, da man sich die persönliche Lohn- oder Einkommensteuer anhand der fünf Zeilen des Steuertarifs selbst zusammenreimen konnte, | ist lange vorbei.


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Zwar ist der Stufentarif nach wie vor Grundlage der Steuer, ausschlaggebend sind jedoch letztlich die im Geheimen wirkenden Absetzbeträge.

Vergleicht man den Grenzsteuersatz für die Einkommensstufe von 100.000 bis 150.000 Schilling, dann stellt sich plötzlich heraus, dass der Steuertarif bis 1999 einen Stufenprozentsatz von 22% vorsah,

während er ab dem Jahr 2000 auf ansehnliche 31% hinaufspringt. Selbst wenn man für dieses gesamte Einkommen den Durchschnittssteuersatz ermittelt, kommt bloß eine jährliche Steuerersparnis von 1.000

Schilling heraus. Das kann ja wohl nicht die hochgelobte Steuerentlastung 2000 sein.

Acht Regler zur

Steuerreduktion

Ist es auch nicht, denn die wahre Steuerreduktion ergibt sich erst durch Anwendung der sogenannten Steuerabsetzbeträge, jener tarifunabhängigen Steuerminderungsposten, die sozusagen im Geheimen

wirken, weil sie unerkannt (und für die meisten Steuerzahler unergründlich) in den üblichen Steuertabellen bereits eingebaut sind oder erst im amtlichen Steuerverfahren zutagetreten.

Acht solcher Steuerreduktionsbeträge sind derzeit im Gesetz vorgesehen, einer davon eigentlich als Außenseiter, und sie wirken je nach Einkommenshöhe, Tätigkeit und Familienstand durchaus

unterschiedlich. Die meisten von ihnen stehen einem automatisch zu, einige muss man bei der Finanzbehörde besonders beantragen. Alle sind sie Regelknöpfe am Schaltpult des Finanzministers, haben

gesellschaftspolitischen Ursprung und ermöglichen eine differenzierte Besteuerung der Einkommensbezieher: für untere Einkommen weniger stark, für höhere stärker, und das bei dem offiziellen, für alle

Steuerzahler gleichen Steuertarif.

Der wichtigste Regulator ist · wie die Reform 2000 wieder beweist · der sogenannte "allgemeine Steuerabsetzbetrag" (AAB), der jedem Steuerzahler vorweg und automatisch zusteht und den man ab heuer

von 8.840 Schilling auf 12.200 Schilling jährlich erhöht hat. Bis Ende 1999 war der "Allgemeine" nur für Jahreseinkommen bis 200.000 Schilling voll wirksam, darüber hinaus reduzierte er sich

gleitend, bis er für Jahreseinkommen ab 500.000 Schilling total entfiel.

Seit heuer hat sich seine Wirkungsweise wesentlich geändert. Seine kräftige Erhöhung um fast 40% könnte einen glauben machen, dass auch die persönliche Steuerbelastung in diesem Ausmaß reduziert

wird.

Ein Irrglaube, denn der schöne neue AAB wird bei seiner praktischen Anwendung in viele kleine und größere Teilbeträge zerlegt, die sich bei den einzelnen Einkommensstufen (und je nach Lohn- und

Einkommensteuerzahlern, Alleinverdienern oder Alleinerziehern) völlig unterschiedlich auswirken; mal als Minusposten, mal als Plusposten zur Tarifsteuer. Erstaunlicherweise kommt es trotz dieses

unverständlich anmutenden Wechselspiels zwischen den Prozentsätzen des Steuertarifs und den +/-Sprüngen des AAB zu den nun deutlicher werdenden Entlastungen durch die Steuerreform.

Von den weiteren Absetzbeträgen ist jener für Alleinverdiener der zweitwichtigste. Er beträgt 5.000 Schilling jährlich und steht jenen Verheirateten zu, bei denen einer der Partner das gesamte

oder fast das gesamte Familieneinkommen ins Verdienen bringt. Fast das gesamte, weil der andere Partner doch noch ein bisschen dazu verdienen darf, nämlich bis zu 30.000 Schilling im Jahr (bei

Kindern im Haushalt sogar bis zu 60.000 Schilling). Den Absetzbetrag gibt es auch für Lebensgefährten, doch muss dann auch mindestens ein Kind zur Partnerschaft dazugehören. Der gleiche AB wird

schließlich auch Alleinerziehern gewährt, also Personen, die als Alleinstehende für ein Kind sorgen müssen.

Doppelbonus für

Arbeitnehmer

Arbeitnehmer haben ein Recht auf den sogenannten Arbeitnehmer-Absetzbetrag von 1.500 Schilling jährlich, ein Bonus, der die gegenüber Selbständigen zeitlich frühere (Lohn-)Steuerbelastung abgelten

soll. Zusätzlich hat man ihnen einen Verkehrsabsetzbetrag von 4.000 Schilling zugebilligt, der für die Mühen (und Kosten) der täglichen Fahrt von der Wohnung zur Arbeitsstätte pauschal entschädigt.

Für den Arbeitnehmer-AB und für den Alleinverdiener/Alleinerzieher-AB gibt es übrigens seit einigen Jahren eine für ein Steuergesetz ziemlich ungewöhnlich anmutende Besonderheit: die Negativsteuer.

Wer zufolge seines geringen Jahreseinkommens unterhalb der Besteuerungsgrenze liegt und daher die schönen Absetzbeträge mangels Steuervorschreibung gar nicht (voll) ausnützen kann, kriegt sie

gutgeschrieben oder ausbezahlt. Ein Sozialzuckerl.

Weil Pensionisten natürlich nicht als aktive Arbeitnehmer gelten, steht ihnen weder der Arbeitnehmer- noch der Verkehrsabsetzbetrag von insgesamt 5.500 Schilling zu. Um diese offensichtliche

Diskriminierung einer starken Wählergruppe auszugleichen, haben die Politiker für sie jedoch den Pensionistenabsetzbetrag erfunden, zufällig auch 5.500 Schilling.

Einen ähnlichen Ausgleich gibt es für Grenzgänger, also für Personen, die in Österreich wohnen, aber im grenznahen Ausland arbeiten. Sie müssen auf den Arbeitnehmerabsetzbetrag verzichten, dürfen

aber dafür den gleichhohen Grenzgängerabsetzbetrag (1.500 Schilling) lukrieren.

Personen, die für ein außereheliches oder für ein Scheidungs-Kind gesetzlichen Unterhalt leisten müssen (und dies auch brav tun) steht ein besonderer Unterhaltsabsetzbetrag zu, der je nach Zahl der

Kinder zwischen 350 und 700 Schilling monatlich beträgt.

Als letzter Absetzbetrag kommt noch der sogenannte Kinderabsetzbetrag ins Spiel, der eigentlich ein Außenseiter ist, weil er sich nicht direkt auf die persönliche Steuerbelastung auswirkt, sondern

zusätzlich und automatisch zur Familienbeihilfe dazubezahlt wird. Er beträgt seit heuer einheitlich 700 Schilling pro Kind und Monat.

Schwierige

Rechenoperationen

Acht Absetzbeträge! Zusätzlich verbrämt mit "Einschleifklauseln" und Auf- oder Abrundungsvorschriften, ergänzt um das sogenannte Sonderausgabenpauschale (limitiert mit Jahreseinkünften von 700.000

Schilling) und um das Werbungskostenpauschale für Aktiv-Arbeitnehmer oder um den Absetzer für Pensionisten.

Alles zusammen ein undurchschaubares Gestrüpp von Parametern, das nur echten Computerfreaks einigermaßen zugänglich ist. Keine Chance für "normale" Steuerzahler, dass man sich da seine Steuer selbst

ausrechnen kann.