Drei Tage, nachdem er den Parteivorsitz abgegeben hat, präsentiert sich Michael Häupl in lockerer Plauderlaune.
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Wien. Es ist nach 24 Jahren sein erstes Pressegespräch als einfaches SPÖ-Parteimitglied. Seit Samstag ist Michael Häupl nicht mehr Parteichef. Das Amt des Bürgermeisters will er auch bald abgeben. Es ist einer der Termine, an denen Michael Häupl keine Themenvorgabe macht. "Fragts einfach", sagt er zu den anwesenden Journalisten. Und die Journalisten fragen.
Wie könnte die neue Stadtregierung unter Michael Ludwig aussehen? "Das geht mich nix mehr an", sagt Häupl. Er habe eine gute Stadtregierung, die er in den kommenden Monaten nicht zu verändern gedenke. Welche Stadtregierung Michael Ludwig haben werde, müsse man Ludwig selber fragen. Notwendig wäre es aber, Brücken zu bauen und personelle Angebote zu schaffen, so Häupl weiter.
Wie kann Michael Ludwig die gespaltene Wiener SPÖ wieder einen? Dass die SPÖ bei der Nationalratswahl ein Plus von 3,5 Prozent geschafft hat, deute nicht gerade auf eine gespaltene Partei hin, meint der Ex-Parteichef.
Spitze gegen Troch
Ob nun die SPÖ mit Ludwig an der Spitze einen Rechtsruck erleben wird? "Das ist Unsinn. Michael Ludwig kommt aus dem sozialdemokratischen Bildungsumfeld, ist bekannt für seine Verbundenheit mit den Freiheitskämpfern und seine Freundschaft mit dem Holocaust-Überlebenden Rudolf Gelbart - wo soll da irgendwo was rechts sein?"
Was er denn zu den Rücktrittsforderungen des ehemaligen Innenministers Karl Schlögl in Richtung SPÖ-Bundesparteiparteivorsitzenden Christian Kern hält? "Ich habe schon vor vielen Jahren aufgehört, Schlögls Meinungen zu kommentieren." Dass Ludwigs Wahl zum Wiener Parteivorsitzenden eine Auswirkung auf die Bundes-SPÖ haben könnte, glaubt er nicht. Aber vielleicht sind andere in der Partei der Meinung? "Ich kenne niemanden. Aber wenn sie jemanden anderen fragen wollen, können Sie es ja in Simmering versuchen", erklärt Häupl. Zur Erklärung: Der Adressat dieses Seitenhiebs ist hier der Simmeringer Parteivorsitzende, Ludwig-Unterstützer Harald Troch, der sich gleich nach dem Landesparteitag personelle Änderungen in den Bereichen Finanzen, Gesundheit und Integration gewünscht hatte.
Und auch zu diesem Ereignis hat Häupl eine Wortspende parat: "Für Ratschläge von außen sind genetisch determinierte Illoyale zuständig", meint Häupl.
Ist Politik ein schmutziges Geschäft? "Weiß ich nicht. Ich dusche mich jeden Tag."
Hat Michael Häupl in der Vergangenheit die Flächenbezirke vernachlässigt? "Wenn man sich anschaut, was in diesen Bezirken alles gebaut wurde an Wohnhäusern und Infrastruktur - U-Bahn, Straßenbahnen - und was es an Betriebsansiedelungen gegeben hat, dann sieht man, dass diese Analyse völliger Unsinn ist."
Offene Baustellen
Personell gefragt sei das allerdings ein anderes Thema. Hier gebe es immer die Wahl zwischen der politischen Geografie oder der Qualifikation. Er, Häupl, habe sich immer für Letzteres entschieden, wie er betont. Dass sich in den Gremien viele Parteikollegen aus Häupls Heimatbezirk Ottakring befinden, wie auch aus Landstraße oder Margareten - aber kaum jemand aus den Bezirken jenseits der Donau -, störe ihn dabei überhaupt nicht.
Ob es ihn stört, dass er Baustellen hinterlässt? "Wenn ich mit allem fertig geworden wäre, hätte ja der Michi Ludwig nix mehr zu tun." Abgesehen davon mag er den Begriff Baustelle nicht. Das treffe nur auf das Krankenhaus-Nord zu. Alles andere seien "viele, gute Projekte, von denen viele umgesetzt und manche erst vor kurzem begonnen wurden".
Nachsatz: "Dass manche Dinge zu langsam passieren, will ich schon eingestehen", meint Häupl. Zwar seien in Sachen Strukturreform viel in der Verwaltung umgesetzt worden, "aber in die Partei hinein eher wenig".
Eine große Aufgabe für die Sozialdemokratie werde es sein, genug Arbeitsplätze für unsere Kinder zu schaffen. Und der Schlüssel dafür ist laut Häupl die Bildung - vom Kindergarten bis zum tertiären Bildungssektor. Das Vorhaben von ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann, Deutschklassen für Kinder mit mangelnden Sprachkenntnissen einzuführen, lehne er nicht "automatisch" ab. Schließlich habe man das in Wien bei den sogenannten Quereinsteigern auch gemacht. "Prinzipiell sollen Kinder, die in die Schule kommen, Deutsch können", unterstreicht Häupl.
Wird er die Macht vermissen? "Ich bin kein Nekrologe und kein Experte für ein Leben nach dem Tod, aber ich weiß, es gibt ein Leben nach der Politik."