Die in Österreich tief verwurzelte Tradition der Sozialpartnerschaft steht auf europäischer Ebene gut da. So lautet zumindest der Befund von Sozialministerin Lore Hostasch.
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Der "makroökonomische policy-mix" aus "ausreichender Flexibilität und der Sicherung der Arbeitsbeziehungen" diene auch der "Orientierung" für andere EU-Staaten, sagte Hostasch gestern bei
einer Veranstaltung zum "Europäischen Sozialmodell" in der Wirtschaftskammer. Die Sozialpartner haben das Recht auf Mitwirkung am Gesetzgebungsprozeß über "branchenübergreifenden Dialog". Die EU-
Beitrittskandidaten seien bei der Schaffung entsprechender Sozialpartnerschaftsstrukturen zu unterstützen.
Die Arbeitsmarktexpertin Doris Weiß hat hinsichtlich der gestiegenen Beschäftigtenanzahl ihre Vorbehalte: Seit dem EU-Beitritt hätten hierzulande insbesondere die sogenannten atypischen
Beschäftigungsverhältnisse (geringfügige Beschäftigung, Teilzeitarbeit etc.) zugenommen. Damit verbunden sei ein erhöhter Unsicherheitsfaktor am Arbeitsmarkt sowie nicht existenzsichernde Einkommen,
betonte Weiß gegenüber der "Wiener Zeitung". Dieser Trend sei in allen EU-Staaten spürbar, zumal im "Weißbuch zur Harmonisierung des Binnenmarktes" der Europäischen Gemeinschaft (EG) 1985 ein
"Maßhalten bei den Reallöhnen", eine Steuersenkung für Arbeitgeber und die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes festgeschrieben wurde, betont Weiß. Zum Mitspracherecht der Sozialpartner meint sie, man
müsse sich die Kosten-Nutzen-Rechnung ansehen. Ob die vielfach als Kompromiß abgeschlossenen Bestimmungen immer sinnvoll und zum Vorteil der Arbeitnehmer sind, sei zu bezweifeln.
Die Politologin arbeitet an einem Projekt der EU-Kommission, in dem die Sozialsysteme der Mitgliedstaaten (mit Ausnahme von Großbritannien) aus der Sicht der Familien analysiert werden. Ungarische
Forscher etwa sehen sich das österreichische Sozialsystem genau an. Man müsse aber differenzieren. In bezug auf die Rechte von Homosexuellen etwa seien Spanien und Dänemark gegenüber den anderen
Staaten vorbildlich.