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Das Geld reicht nicht, wir brauchen neue Jobs

Von Monika Köppl-Turyna

Gastkommentare
Monika Köppl-Turyna ist Ökonomin und Direktorin des Forschungsinstituts Eco Austria.

Nötig sind Anreize für Arbeitgeber, neue Arbeitsplätze zu schaffen.


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Hunderttausende Menschen haben wegen Corona ihren Job verloren. Ein gewaltiger Schock. Wer arbeitslos wird, der fällt tief. Das Arbeitslosengeld ist bei uns im internationalen Vergleich ziemlich niedrig. Dafür bleibt es dann sehr lange auf einem konstanten Niveau. Aber Arbeitslosenunterstützung ist kein Grundeinkommen.

Das Geld sollte ein würdiges Leben ermöglichen, aber auch genug Anreiz bieten, sich rasch eine neue Beschäftigung zu suchen. Das herrschende Modell versagt in beiden Punkten. Deswegen hat Vizekanzler Werner Kogler einen neuen Vorschlag auf den Tisch gelegt: Das Arbeitslosengeld sollte anfangs höher sein aber danach stärker absinken. Diese sogenannte "degressive Variante" soll die Fallhöhe im Moment des Jobverlustes verringern - langfristig aber den Druck aufrecht halten, sich einen neuen Job zu suchen.

Eine solche Reform sollte jetzt geplant, aber erst im nächsten Aufschwung wirksam werden, wenn laufend neue Jobs entstehen. Es helfen die besten Anreize für Arbeitslose nicht, wenn es keine Arbeitsplätze zu finden gibt. Aber wenn die wirtschaftliche Talsole durchschritten ist, spricht vieles für die Kogler-Idee. Aktuell bekommt ein Arbeitsloser anfänglich 55 Prozent seines letzten Nettogehalts. Das ist ein tiefer Fall, der die Würde des Betroffenen sehr wohl gefährdet. Auch wissen wir aus der Praxis, dass die durchschnittliche Arbeitslosendauer in Ländern mit langfristig konstantem Unterstützungsniveau (wie in Österreich) höher ist als in Ländern mit anderen Systemen.

Entsteht dieser Effekt, weil die Menschen länger nach passenden Jobs suchen dürfen? Das wäre positiv. Wer in seinem Spezialfeld arbeitet, kann mit höheren Löhnen rechnen. Allerdings: Die überwiegende Mehrheit der Studien zum Thema kann diesen Effekt nicht belegen. Die zweite Möglichkeit: Suchen die Menschen möglicherweise weniger intensiv nach einer neuen Arbeit, weil sie sich auf die dauerhafte Unterstützung durch das Sozialsystem verlassen können?

Dazu gibt es eine Studie aus Ungarn, die zeigt, dass ein degressives Modell sehr wohl zu einer verstärkten Suchintensität führt. Die Erklärung kommt aus der Verhaltensökonomik: Unser Tun ist stärker von relativen als von absoluten Faktoren abhängig. Wir messen uns immer an Referenzgruppen oder eigenen Erfahrungen. Die Zufriedenheit mit dem Lohn ist stark davon abhängig, was man in der Vergangenheit verdient hat. Deswegen suchen die Menschen am Anfang der Arbeitslosigkeit intensiver, weil sie an die verlorenen höheren Einkommen denken.

Mit der Zeit lässt die Intensität nach, weil man sich an die neue Situation gewöhnt. Eine Senkung des Arbeitslosengeldes über die Zeit wirkt diesem Effekt entgegen. Es spricht also viel dafür, das degressive Arbeitslosengeld einzuführen. Aber die Corona-Krise hat die Zahl der verfügbaren Stellen massiv reduziert.

Jetzt braucht es Anreize für Arbeitgeber, neue Jobs zu schaffen. Zum Beispiel durch Senkung der Beiträge zur Sozialversicherung für Neueinstellungen. Neue Stellen sind das wirksamste Mittel gegen Arbeitslosigkeit. Erst wenn der Aufschwung wieder da ist, ist eine Reform des Arbeitslosengeldes wirklich sinnvoll.

So eine Wirtschaft: Die Wirtschaftskolumne der "Wiener Zeitung". Vier Expertinnen und Experten schreiben jeden Freitag über das Abenteuer Wirtschaft.