Erhöhung der Pensionen um Inflationsrate soll nicht ausgehöhlt werden. | Stärkere Erhöhungen gefährden Finanzierungskonzept. | Was ist los mit den Pensionen? Warum will die Regierung die Pensionen um 1,6 Prozent erhöhen und warum regt sich dagegen Widerstand?
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Um das zu verstehen, ist ein Blick auf die Entwicklung des Anpassungssystems unerlässlich. Die Pensionsanpassung war stets eine heftig umstrittene Frage, geht es dabei doch um die Einkommensverteilung. Da alle laufenden Pensionsausgaben aus den im gleichen Jahr eingehenden Beiträgen und Staatszuschüssen finanziert werden müssen, führt jede Pensionsanpassung zu einer Erhöhung der Belastung der Beitragspflichtigen und der Steuerzahler. Die Politik muss einen vernünftigen Ausgleich zwischen den Pensionisten und den Erwerbstätigen herstellen.
Als 1966 die systematische Pensionsanpassung eingeführt wurde, wurde die Regierung ermächtigt, die Pensionen jedes Jahr durch eine Verordnung zu erhöhen, wobei sie sich an der Entwicklung der Löhne orientieren sollte, ohne daran aber gebunden zu sein. Sogenannte "Struktureffekte" durch Verschiebungen am Arbeitsmarkt versuchte man durch Korrekturen an der Berechnung der Lohnsteigerung auszugleichen.
Als die Zahl der Arbeitslosen stieg, wurde der Anpassungsfaktor für die Pensionen im Ausmaß der Arbeitslosigkeit gesenkt. Dieses Solidaritätsdenken hatte jedoch nur kurzen Bestand. Man kehrte zur Lohnentwicklung zurück, allerdings in einer völlig neuen Form.
Die frühere Orientierung an der Entwicklung der Löhne aus der Vergangenheit - weshalb die Pensionsanpassung der Lohnentwicklung jeweils um ein oder zwei Jahre nachhinkte - hatte unerwartete politische Folgen nach sich gezogen. War die Anpassung niedriger als die aktuelle Lohnsteigerung, wurde das als unsozial bekämpft. Erhöhten sich die Pensionen stärker, wurde in den Lohnverhandlungen damit argumentiert, man könne den Aktiven nicht weniger zumuten als den Pensionisten.
Schätzungen führten
zu höherer Anpassung
Daher entschloss man sich, die Pensionsanpassung an der zu erwartenden Lohnsteigerung zu orientieren. Die Durchschnittspension des Folgejahres sollte im gleichen Ausmaß wachsen wie der Durchschnittslohn. Das war nur an Hand von Schätzungen der zu erwartenden Entwicklung möglich. Zwei Sicherungen wurden eingebaut. Zum einen durfte die Regierung vom errechneten Wert nur in einem beschränkten Ausmaß abweichen und zum anderen war, wenn die tatsächliche Lohnentwicklung schwächer ausgefallen war, die Anpassung für das kommende Jahr entsprechend zu verringern.
Am Ende zeigte sich, dass die Pensionen zu stark erhöht worden waren, was daher in den nächsten drei Jahren ausgeglichen wurde. In der jetzigen politischen Auseinandersetzung wurde dies jedoch als Pensionskürzung hingestellt.
Auf Empfehlung der Pensionsreformkommission wurde das System schließlich in seiner jetzigen Form festgelegt. Das neue Ziel ist die Wertsicherung. Die Pensionen sollten im gleichen Ausmaß wie die Inflationsrate des jeweils letzten Jahres steigen. Damit sollte gleichzeitig auch der politische Einfluss auf die Pensionsanpassungen ausgeschaltet werden. Die Regierung ist damit in der Anpassungsverordnung strikt gebunden.
Für das Jahr 2007 macht dies eine Erhöhung um 1,6 Prozent aus. Allerdings griff der Gesetzgeber neuerlich ein und legte bis zum Jahr 2008 fest, dass die volle Aufwertung nicht für die Bezieher höherer Pensionen gilt, diese vielmehr nur durch Fixbeträge anzupassen sind, die zum Teil unter der Inflationsrate liegen.
Diese Art der Pensionsanpassung liegt den Vorausberechnungen über die Finanzierbarkeit unseres Systems bis zum Jahr 2050 zu Grunde. Diese zeigen, dass wir - trotz Pensionsreformen - in den nächsten Jahrzehnten um rund ein Fünftel mehr als derzeit aus dem Bruttoinlandsprodukt zur Verfügung stellen müssen. Erhöhungen der Pensionsanpassung über den veranschlagten Wert hinaus bringen das Finanzierungskonzept für die Zukunft aus den Fugen, da sie sich wie Zinseszinsen auswirken.
Die Pensionsanpassung ist nicht verhandelbar
Was nun diskutiert wird, ist daher unter zwei Gesichtspunkten zu bewerten. Wenn die Lebenshaltungskosten für Pensionisten tatsächlich stärker steigen als für die übrigen Bevölkerungsgruppen, dann spricht dies für künftige Anpassungen in diesem Ausmaß. Dem steht entgegen, dass jeder politische Eingriff in dieses System eine Bedrohung für die Zukunft darstellt, wenn seine langfristigen Auswirkungen ignoriert werden.
Die Pensionsanpassung sollte klar durch das Gesetz geregelt sein und keine Veränderungen durch die Regierung gestatten. Nur auf diese Weise lässt sich der Anspruch der Bevölkerung auf die Vorhersehbarkeit sicherstellen. Nachdrücklich muss daher die Forderung der Pensionistenverbände abgelehnt werden, jedes Jahr mit der Regierung über die Pensionsanpassung verhandeln zu können.