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Das Geschäft mit alten Kleidern

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft

Tauschpartys und Second Hand schonen Geldbörse und Ressourcen.


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Wien. Der Schrank ist voller Kleidung - dennoch locken vor dem Beginn der kalten Jahreszeit die Auslagen der Modehändler. Viele, die Platz schaffen möchten und ihren Kleiderkasten ausmisten, werfen gebrauchte Stücke in Sammelcontainer - im Glauben, damit bedürftigen Menschen zu helfen. Da nicht alle Altkleider in Österreich Abnehmer finden, wird ein Großteil verkauft - und geht nach Osteuropa und Afrika. Aufgrund der aktuell hohen Weltmarktpreise "lassen sich mit Altkleidern sehr gute Geschäfte machen", sagt Claudia Sprinz von Greenpeace. Neben sozialen Organisationen sammeln seriöse und dubiose Anbieter, Modehändler und Gemeinden.

Rund 70.000 Tonnen Gebrauchtkleider werden pro Jahr in Österreich gespendet - das sind mehr als acht Kilogramm pro Einwohner. Diese Menge liegt über dem Bedarf an gebrauchter Kleidung, weshalb ein Teil der Sach- in Geldspenden umgewandelt wird. Das Sortieren und Weiterverkaufen übernehmen meist kommerzielle Anbieter.

Die Caritas verkauft einen Teil der in Containern gesammelten Kleidung in den Carla-Secondhandläden. Dort warten Hosen, Pullis, Schuhe und Dirndl, aber auch Bikinis und Pelzmäntel auf ihre "zweite Chance". An Bedürftige und Obdachlose wird gratis Kleidung verteilt. In den Verkaufshallen am Mittersteig werden Langzeitarbeitslose, Tagelöhner und Freigänger beschäftigt. Ein Teil der Sachspenden geht als Hilfslieferung nach Osteuropa, ein Teil wird, in Kleidersäcken sortiert, an Altkleiderhändler verkauft. "Mit dem Verkauf werden Hilfsprojekte der Caritas finanziert", sagt Elisabeth Mimra, Leiterin der Carla Wien.

Rabattgutschein gegen Altkleider-Rückgabe

Konkurrenz bekommen soziale Altkleidersammler wie Caritas und Volkshilfe von Textilhändlern wie H&M und Intimissimi, in deren Filialen gebrauchte und sogar kaputte Kleidung abgegeben werden kann. Kunden erhalten dafür einen Rabattgutschein von 15 Prozent auf den nächsten Einkauf. Die schwedische Textilkette H&M möchte mit der Rücknahme die Auswirkungen auf die Umwelt durch die Modeindustrie reduzieren. "Der Rabattgutschein geht in die falsche Richtung, weil er Kunden zum Kauf animiert", kritisiert Sprinz. Als "geniales Marketing" bezeichnet Matthias Neitsch, Geschäftsführer von Repanet (Reparatur Netzwerk), die Aktion: "Dadurch schaffen Textilhändler indirekt ein Kundenbindungsprogramm."

Von H&M gelangen die Textilien zum Werk des Partners I:Collect, wo sie sortiert werden. Pro gesammelten Kilo Altkleider in Österreich gehen zwei Cent an die St. Anna Kinderkrebshilfe - das ist laut Experten aber nur ein Bruchteil des Verkaufspreises. H&M macht laut eigenen Angaben keinen Gewinn mit der Aktion - der Rest komme der H&M Conscious Foundation zugute, die Menschen in Not hilft. Auch Intimissimi arbeitet mit I:Collect zusammen, bis Ende Juli konnten gebrauchte Unterwäsche und Pyjamas abgegeben werden.

Durch die gestiegenen Preise stellen nun auch Gemeinden eigene Container auf, um zusätzliche Einnahmen zu generieren. "Einige Gemeinden überlegen, die Altkleidersammlung auszuschreiben. Dabei sollten soziale gegenüber rein kommerziellen Sammlern bevorzugt werden", sagt Neitsch.

Für Probleme sorgen immer wieder unseriöse und dubiose Anbieter, die vor allem in Salzburg nahe der deutschen Grenze Container aufstellen. Daher rät Neitsch, Kleidung nur in Container zu werfen, auf denen zu erkennen ist, welche Organisation für welchen Zweck sammelt.

Langlebige Kleidung kaufen, Frustshoppen vermeiden

Zunehmend billig produzierte Kleidung macht sich auch in der Altkleidersammlung bemerkbar. "Nur die Hälfte der abgegebenen Kleidung ist tragbar", sagt Mimra. Der Rest wird zu Putzlappen umgearbeitet, als Dämmmaterial in der Autoindustrie verwendet oder entsorgt.

Schon beim Einkauf sollte man daher auf die Qualität achten, damit die Kleidung länger hält und weniger Müll anfällt, rät Mimra. Secondhand-Läden sind eine Alternative zu Textilhändlern, genauso wie ein Tausch mit Bekannten. "Vieles, was man im Schrank hat, trägt man ohnehin nicht - über Tauschpartys kommt man an neue Bekleidung, ohne neue Ressourcen zu verbrauchen", sagt Sprinz. Sie rät dazu, den eigenen Textilkauf kritisch zu hinterfragen: Kauft man aus Frust, oder braucht man das neue Kleidungsstück wirklich?