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Das Geschäft mit dem Plasma

Von Petra Tempfer

Wissen

Eröffnung von drei neuen Plasmazentren im Vorjahr in Wien. | Medikamente und Impfstoffe hergestellt. | Wien. "Europaweit herrscht akuter Plasmamangel", warnt Bärbl Mandl vom Baxter Plasmazentrum in Wien - die Anzahl der Spender in der Kirchengasse 3 lässt Gegenteiliges vermuten: Beim Betreten der Anlaufstelle glaubt man, in ein Fast-Food-Restaurant geraten zu sein. Kaffee duftet aus einem Automaten in der Ecke, hinter einer riesenhafte Theke sitzen vier Mitarbeiter, die emsig die Anmeldungen entgegennehmen: Vor jedem Schalter reiht sich eine lange Menschenschlange.


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Spender gibt es laut Michaela Eisler von Zentrum "Humanplasma" nämlich viele, der akute Mangel resultiere aus der voranschreitenden Forschung in der Pharmaindustrie, wo neue Anwendungsgebiete des Blutplasmas getestet werden.

Kostenloses Blutbild

Aus diesem Grund wurden im Vorjahr drei weitere Anlaufstellen in Wien eröffnet. Das Plasmazentrum in der Kirchengasse ist das einzige der Firma Baxter in Wien - "Humanplasma" und "Plasmapunkt" sind mit je zwei weiteren vertreten, die die Pharmaindustrie mit Plasma beliefern.

Auch das Baxter Plasmazentrum hat seine Öffnungszeiten ausgeweitet: An 58 Stunden in der Woche warten nun 30 Spenderliegen auf ihre Benutzer. Wer zwischen 18 und 65 Jahre alt ist, kann mit seinem Meldezettel zur Anmeldung kommen und erhält nicht nur einen Termin, sondern auch ein gratis Blutbild und eine ärztliche Untersuchung.

Bis zu 300 Personen täglich wollen ihr kostbares Plasma spenden, laut Mandl sind neben unzähligen Stammkunden jedes Alters auch viele Studenten darunter. "Wir zwei sind das erste Mal da", erzählen die angehenden Architektinnen Sophia und Julia, während sie fieberhaft die nötigen Formulare ausfüllen, "und spenden hauptsächlich des Geldes wegen."

20 Euro Entschädigung gibt es pro Spende, die etwa eine Stunde in Anspruch nimmt. "Das macht einen ganz passablen Stundenlohn", rechnet der 50-jährige Anton, während er an einem der kleinen Tischchen an seinem Kaffee nippt, "außerdem stehen anschließend Getränke und Snacks bereit." Anton, derzeit arbeitslos, sucht bereits seit zwei Jahren regelmäßig das Plasmazentrum auf, wo dreimal in zwei Wochen, jedoch höchstens 50 Mal im Jahr gespendet werden darf.

Die Regeneration des Plasmas nimmt nämlich einige Tage in Anspruch, immerhin werden pro Spende bis zu 850 Milliliter entnommen. "Die Menge richtet sich nach dem Körpergewicht", weiß Mandl. Während des Vorgangs wird das Blut im Plasmapheresegerät gesammelt, das das Plasma von den anderen Blutbestandteilen, den Blutkörperchen und Blutplättchen, trennt - das restliche Blut fließt wieder in den Kreislauf zurück. So sammeln sich laut Eisler im Laufe eines Jahres österreichweit etwa 282.000 Liter Humanplasma an - das zu 90 Prozent aus Wasser besteht. Die restlichen zehn Prozent beinhalten jedoch lebenswichtige Bestandteile: Nährstoffe, Hormone und Mineralien.

Netter Zuverdienst

Diese werden nicht nur für Medikamente verwendet. "Aus Plasma produzieren wir den Zecken-Impfstoff FSME für den weltweiten Bedarf", sagt Hartmut Ehrlich, Vorstand der Baxter AG, "oder Immunoglobin-Präparate, die bei angeborenen Defekten des Abwehrsystems helfen sollen." Auch Medikamente gegen die Bluterkrankheit, bei der kleine Schnittwunden zu lebensbedrohlich blutenden Wunden ausarten können, werden erzeugt.

"Mir ist bewusst, dass mein Plasma wichtig ist", meint der 21-jährige Stefan, der "gleich um die Ecke" wohnt und daher oft am Abend noch in die Plasmazentrale kommt. "Der Zuverdienst ist ein netter Nebeneffekt", fügt er schmunzelnd hinzu, "ein Freund hat sich durch Plasmaspenden seine letzte Südamerikareise finanziert."