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Das Geschäft mit der Diskretion

Von Peter Muzik

Wirtschaft

Wem gehören die Privatbanken? | Viele Inhaber spielen Verstecken. | Vormarsch von Großbanken und Ausländern. | Wien. Christine de Castelbajac hat genug: Die Tochter des legendären Industriellen Herbert Turnauer reicht die 1986 gegründete Constantia Privatbank an neue Eigentümer weiter. Die kunstsinnige 61-Jährige, die auch die Constantia Packaging sowie die "Auch" Holding ihr Eigen nennt, zieht sich aus einem Geschäftszweig zurück, der Synonym für Noblesse, Diskretion und Reichtum ist.


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Die Constantia Privatbank, die 32 Mrd. Euro (das Vermögen ihrer betuchten Kundschaft) verwaltet, zählt zu den Topadressen in einem kleinen, aber feinen Marktsegment. Derzeit befassen sich in Österreich rund 30 Privatbanken mit anspruchsvoller und individueller Geldanlage.

Zum Teil sind sie, wie die Bank Sal. Oppenheim jr. & Cie. (Österreich), die Bank Vontobel Österreich AG oder die in Luxemburg beheimatete UBS, die in Wien eine Zweigniederlassung unterhält, Dependancen ausländischer Bankhäuser.

Zum Teil sind sie in österreichischem Besitz. Wobei: Die Bezeichnung Privatbank wäre eigentlich nur zulässig, wenn die Eigentümer der Institute mit ihrem Privatvermögen den Kopf hinhalten. "Es ist nicht in jedem Haus drin, was außen draufsteht", hat Karl Petrikovics, Boss der Constantia Privatbank, gesagt. Nachsatz: "Aber man darf da nicht kleinlich sein."

Heinrich Spängler (63), lange Jahre Vorstandssprecher des mit 180 Jahren ältesten Bankhauses im Lande, ist einer der typischen Privatbankiers. Er hat diese Funktion jedoch unlängst zurückgelegt, um sich in innerhalb seines Bankhauses Carl Spängler & Co. in Salzburg anderen Aufgaben zuzuwenden. Seit seinem Rückzug wird das 227 Mitarbeiter zählende Geldinstitut (Motto: "Diskret - verlässlich - erfolgreich") von familienfremden Managern geführt und liegt damit voll im Trend. Die Rothschilds von heute werden nämlich immer mehr zu Raritäten.

Die Söhne der Industrie-Pioniere sind am Ruder

Thomas Moskovics, 62, zählt zu diesen Ausnahmen: Als Hauptaktionär der in Familienbesitz befindlichen Bank Winter & Co AG fungiert er seit dem Tod seines Vaters Simon im Jahr 1993 als Vorstandsvorsitzender des auf Investmentbanking und strukturierte Finanzierungen spezialisierten Bankhauses in der Wiener Singerstraße - unscheinbar, aber letztlich sehr erfolgreich.

In der Branche gilt auch Emil Alexander Kahane (53), Sohn des Industriellen Karl Kahane sowie Aufsichtsratspräsident der Bank Gutmann AG, als Fixstern. Gemeinsam mit seiner 54-jährigen Schwester Patricia hält er über die im Schweizerischen Chur domizilierte Gutmann Holding 80 Prozent der Aktien. Der Rest ist im Besitz von zehn Gutmann-Managern und -Partnern, darunter der Vorstandsvorsitzende Rudolf Stahl. Das 1922 gegründete Bankhaus am Wiener Schwarzenbergplatz ist auf Vermögensverwaltung für gehobene Privatkunden, Stiftungen und institutionelle Anleger spezialisiert. Es hat Tochterfirmen in Prag und Budapest, beschäftigt mehr als 200 Mitarbeiter und verwaltet etwa 10 Mrd. Euro.

Laut dem "Fuchsbriefe-Test der besten Vermögensmanager" eines deutschen Finanzverlags liegt das solide Traditionshaus auf Rang eins am Wiener Platz und österreichweit an zweiter Stelle. Seiner Topposition trägt das dezente Institut Rechnung, indem es nie öffentlich Aufsehen erregt.

Bei einem Mitbewerber ist das nicht der Fall: Julius Meinl V. (49), seit 1983 Vorstandschef der Meinl Bank AG und seit kurzem Aufsichtsratsvorsitzender, ist wider Willen ins Gerede gekommen. Sein zuvor unauffälliges Unternehmen, 1923 als Spar- und Kreditverein gegründet, im Dritten Reich liquidiert und 1956 wiederbelebt, hat sich nach dem Erwerb des Bankhauses Brunner & Co. 1969 zur noblen Adresse gemausert. Die hinlänglich bekannten Vorkommnisse haben das exquisite Image des Traditionshauses in jüngster Zeit einigermaßen ramponiert. Der "Fünfte", der zeitweilig lieber unter Ausschluss der Öffentlichkeit agiert hat, muss sich nun coram publico verteidigen und in Transparenz üben. Freilich: Die detaillierten Besitzverhältnisse rund um die Bank und den Meinl-Clan sind immer noch ein wohlgehütetes Geheimnis.

Transparenz ist nicht immer gegeben

Ein guter Ruf und hohe Seriosität sind Schelhammer & Schattera heilig: Wiens älteste Privatbank ist "Teil eines kirchlichen Netzwerkes", wie es ihr Generaldirektor Helmut Jonas formuliert. Rund 85 Prozent des Aktienkapitals gehören Institutionen der römisch-katholischen Kirche. Bei der "Kirchen-Bank" sind die Eigentumsverhältnisse klarer als anderswo: Vielfach verschanzen sich die Aktionäre von Privatbanken hinter Privatstiftungen, um nicht allzu viel preiszugeben.

So gibt es bei der Spängler-Bank vier solcher Stiftungen, die 89 Prozent des Aktienkapitals innehaben (auch den Rest halten Familienmitglieder).

Individuelle Betreuung abseits der Masse

Die weitaus jüngere M&A Bank, die sich schwerpunktmäßig mit Vermögensverwaltung, Private Banking, Alternative Investments und Financial Planning befasst, gehört einem bunten Mix von Aktionären, die mit Privatstiftungen und einer vorgeschobene AG Verstecken spielen.

Ganz und gar unkompliziert sind hingegen die Eigentumsverhältnisse jener Mitbewerber, hinter denen große Banken- oder Versicherungsgruppen stehen. Die Bank Austria besitzt mit Schoellerbank und Bank Privat AG gleich zwei Institute, die sich um Private Banking kümmern.

Die 1833 gegründete Schoellerbank (Motto: "Investieren statt Spekulieren") versteht sich mit 348 Mitarbeitern an 13 Standorten als einzige österreich-weit präsente Privatbank. Sie betreut 28.000 private und institutionelle Anleger, deren Vermögen sich auf 6,66 Mrd. Euro beläuft.

Die Kathrein Bank wiederum, die seit 1923 existiert, gehört nun zur Gänze der Raiffeisen Zentralbank. Sie verbindet laut ihrem Vorstandsvorsitzenden Christoph Kraus "die Vorteile einer kleinen, serviceorientierten Privatbank mit der Sicherheit einer Großbank".

Das exakt gleich alte, seit 85 Jahren bestehende und von Moritz Krentschker gegründete Bankhaus Krentschker in Graz ist im Besitz der Steiermärkische Bank und Sparkassen AG und der Kärntner Sparkassen AG. Sein vermeintliches Erfolgskonzept: keine Massenprodukte, sondern spezielle Lösungen und Mitarbeiter mit hoher Beratungskompetenz, die Zeit für den Kunden haben, sodass dieser nicht in der Anonymität untergeht. Die Krentschker-Bank beschäftigt 118 Mitarbeiter und weist 1,040 Mrd. Euro Bilanzsumme aus.

In der Liga der eher Kleinen spielen die Capital Bank mit 196 Mitarbeitern und 750 Mio. Euro Bilanzsumme und die Linzer Privat-Bank mit 80 Mitarbeitern und 870 Mio. Bilanzsumme. Erstere wurde als Lavantaler Gewerbe- und Handelsbank reg. GenmbH 1922 aktiv, änderte 2001 den Namen von RBB Bank in Capital Bank und ging in den Besitz der Grazer Wechselseitigen Versicherung über. Die Privat-Bank, eine Tochter der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, existiert erst seit 1995. Sie ist neben Linz und Wien auch in München, Passau, Regensburg, Würzburg, Ulm und Prag präsent.

Ein überraschender Sieger am Stockerl

Um mit ausländischen Riesen wie UBS oder Deutsche Bank mitzuhalten, bedarf es exzellenter Berater. Zuletzt schnitt ein Haus am besten ab, das nicht gerade im Blickpunkt steht: Laut dem erwähnten "Fuchsbriefe-Test 2008" kann die Raiffeisenbank Kleinwalsertal Österreichs beste Vermögensmanager aufbieten.