Kopenhagen/Wien. Besser ein schwacher Kompromiss, als gar keine Einigung? Dieses Motto gilt nicht immer - insbesondere dann nicht, wenn ein dürftiger Minimalkonsens die Zukunftschancen auf substanziellere Ergebnisse verbaut. Genau das könnte mit dem schwachen Abkommen, das beim UN-Klimagipfel in Kopenhagen erreicht wurde, aber der Fall sein. | Klimagipfel - Minikompromiss angenommen | Gastkommentar - Kopenhagen, ein kompletter Fehlstart beim globalen Klimaschutz
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Angestrebt war ein Abkommen, welches das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll ersetzt. Davon ist die Welt erschreckend weit entfernt. Woher sollte nach Kopenhagen noch der entscheidende Anstoß kommen, der einen verbindlichen und effizienten Klimavertrag ermöglicht?
Die Regierungschefs haben ihr äußerstes Minimalziel erreicht und somit irgendwie noch ihr Gesicht gewahrt: Es wurde ein unterschriftsfähiges Dokument vorgelegt und angenommen. Für das globale Klima bedeutet das einen Rückschritt. Schon vor dem Gipfel war klar, dass jeder Abschluss ohne die beiden größten Klimasünder China und die USA die globalen Klimabemühungen nicht weiterbringen würde.
Ein glatter Misserfolg
Kopenhagen ist ein glatter Misserfolg: Es gibt keine Verpflichtungen der größten CO2-Emittenten auf substanzielle, konkrete Einsparungsziele. Die Absichtserklärung, wonach die Erderwärmung mit zwei Grad Celsius gedeckelt und die Klimaschäden in gerade noch tolerablem Rahmen gehalten werden sollen, ist damit praktisch wertlos. Ein deutlicher Hinweis auf den Misserfolg ist, dass die EU an ihrem CO2-Einsparungsziel von 20 Prozent gegenüber 1990 festgehalten hat: Für den Fall, dass sich die übrigen Konferenzteilnehmer bewegen, hatten die Europäer ein Ziel von 30 Prozent in Aussicht gestellt.
Sogar das Ziel, den Treibhausgasausstoß um 50 Prozent bis 2050 zu senken, wurde fallengelassen. Es gibt ferner keine Einigkeit darüber, wie die Emissionsreduktion in Ländern wie China kontrolliert werden soll. Die Finanzierungszusagen der Industriestaaten, welche den Entwicklungs- und Schwellenländern ihre Klimaziele ermöglichen sollen, betreffen nur einen Gesamtrahmen von 100 Milliarden Dollar, ohne dass klar wäre, wer wie viel beisteuert.
Völlig konträre Interessenslagen
Warum war nicht mehr möglich? Zum einen sind die völlig konträren Interessenslagen schuld: Während winzige Inselstaaten um ihre pure Existenz bangen, wollen die aufstrebenden Wirtschaftsnationen wie China oder Indien ihren Aufholprozess nicht durch Klimaziele bedroht wissen. Für die USA sind genau diese Länder aber direkte Rivalen - ohne ihr Einlenken kann auch US-Präsident Obama wegen innenpolitischer Zwänge keine Zugeständnisse anbieten.
Darüber hinaus hat sich die UN-Klimakonferenz mit ihren 192 Teilnehmerstaaten einmal mehr als untaugliches Format für globale Agenden erwiesen: Trotz der höchstrangigen Besetzung am Schlusstag waren keine zielgerichteten Verhandlungen möglich. Überdies ernteten die Dänen herbe Kritik sowohl für die chaotische Organisation, als auch für die Verhandlungsführung: Es ist durchaus verständlich, dass die Konferenzleiterin Connie Hedegaard Bewegung in die festgefahrenen Fronten bringen wollte, indem sie Themen in selektiv ausgewählte Untergruppen auslagerte. Genau das weckte aber sofort das Misstrauen unter einigen ausgeschlossenen Ländern: Sie befürchteten, über den Tisch gezogen zu werden.
Somit hat Kopenhagen nur eines bewirkt: Die Trennlinien zwischen den Staatenblöcken sind überdeutlich geworden. Die Hoffnungen auf einen Sieg der Vernunft sind dahin.