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Wir haben uns angewöhnt, Demokratie zu verklären. Im Grunde ist sie nichts anderes als eine Entscheidungsmethode, wo die Mehrheit die Richtung vorgibt und die es dank Mäßigung und Rücksichtnahme geschafft hat, dass auch die Minderheit das Ergebnis akzeptieren kann.
Das Geniale an dieser bis zum Gegenbeweis eines Besseren "schlechtesten Regierungsform von allen" (Copyright Winston Churchill) ist aber, dass sie uns ermöglicht, unliebsame Regierungen auf unblutige Art wieder loszuwerden. Sie ist also, um den Liberalen Friedrich Hayek zu zitieren, zuallererst eine Methode des friedlichen Machtwechsels. Das ist der Kern, alles weitere nur erfreuliche Zugabe.
An dieser Errungenschaft zu rütteln, wie es Donald J. Trump, der republikanische Kandidat für das Amt des US-Präsidenten, tut, kommt deshalb einer Absage an die Demokratie gleich. Wer am korrekten Verlauf von Wahlen ohne Beleg Zweifel streut, unterminiert die Demokratie selbst. (Und das ist der Grund, weshalb hier auch der österreichische Verfassungsgerichtshof eine äußerst restriktive Judikatur verfolgt.)
Das ist natürlich weder neu noch originell, allerdings kennt man ein solches Verhalten aus Regionen, wo Wahlen nur anerkannt werden, wenn das Ergebnis den eigenen Interessen dient. Für die Rolle und das Selbstverständnis der USA, die sich traditionell und bis heute als internationaler Vorkämpfer für Demokratie und Freiheitsrechte sehen, ist Trumps Verhalten eine enorme außenpolitische Hypothek.
Die innenpolitischen Folgen lassen sich dagegen noch nicht abschätzen. Einerseits haben die USA, historisch betrachtet, ihre demokratischen Errungenschaften auch in schwierigen Zeiten hochgehalten. So gesehen spricht viel dafür, dass das Phänomen Trump mit einigem Abstand als Fußnote betrachtet werden wird.
Andererseits ist Trump nicht das Problem, er surft nur auf realen Stimmungen und Entwicklungen. Wie groß und einflussreich diese Kräfte tatsächlich sind, wird sich auch am 8. November, dem Tag der Wahl, noch nicht eindeutig zeigen. Dazu sind schlicht zu viele Trump-Stimmen ein Votum gegen Hillary Clinton, der es in dieser Kampagne nicht gelingt, die USA hinter sich zu vereinen. Viel wird davon abhängen, ob die Republikanische Partei die Kraft aufbringt, Trump und sein zerstörerisches politisches Projekt hinter sich zu lassen.