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Das globale Alphabet

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Die neue Firmenstruktur von Google, die sich künftig unter einer Holding namens Alphabet ausbreitet, sollte vor allem die Wettbewerbshüter auf den Plan rufen. Denn Larry Page und Sergej Brin, die beiden Gründer des vor erst 17 Jahren gegründeten Unternehmens, bauen sich damit einen globalen Mischkonzern mit ganz neuen Finanzierungsmöglichkeiten. Und der Name Alphabet ist wohl auch Programm: Von A bis Z will Google künftig führend tätig sein. Schon jetzt forscht Google in Bereichen wie Pharma, Energie, Verkehrstechnik - und zählt zu den großen Innovatoren im "System Silicon Valley".

Die Suchmaschine ist das bekannteste Produkt, aber eben nur eines unter vielen. Das Internet dient als Technologie- und Vertriebsbasis, ist aber nicht länger das Geschäftsmodell.

Mit der neuen Holding, die alle einzelnen Forschungs- und Produktbereiche darunter klar sichtbar macht, hat Google die Möglichkeit, gezielt Kapital aufzunehmen. Investoren müssen künftig keine Google-Aktie mehr kaufen, um etwa das Maps-Projekt oder das zum Konzern gehörende YouTube zu unterstützen.

Ähnliches machte der fast 100 Jahre ältere Chemiekonzern 3M ("post-it") vor, der Bereiche ab einer gewissen Größenordnung in eigene Firmen mit eigenständiger Verantwortung ausgliederte. Der Erfolg von 3M spricht für sich.

Hinter Alphabet steckt aber immer noch der globale Datensammler Google, der vermutlich mehr über Milliarden Nutzer weiß als alle Geheimdienste der Welt. Wenn sich nun also der Datenbesitzer zu einem Mischkonzern weiterentwickelt, dann entsteht hier wohl eine Marktmacht, die es nie zuvor gegeben hat und die praktisch unkontrollierbar wird.

Google wird die neue "Welt AG", wenn die Wettbewerbshüter vor allem in Europa und in Asien nicht genau aufpassen. Denn die US-Politik wird wohl wenig dagegen haben, wenn ihr wirtschaftlicher Supermacht-Status dadurch noch vergrößert wird. Mit Alphabet bekommen die USA eine ökonomische Waffe, die zu einer bisher unbekannten Abhängigkeit führen wird. Wenn Google beziehungsweise Alphabet dann einmal den Stecker rauszieht, bleibt Europa nur noch der Buchstabenkasten.

Wenn Analysten nun meinen, der Konzern reagiere bloß auf sinkende Aktienkurse, dann ist das eine engstirnige Betrachtung. Die Konzernstrategie dahinter ist viel machtvoller.