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Das Gold blättert ab

Von Marina Delcheva

Wirtschaft

Die Wünsche der Wirtschaft lösen eine heftige Debatte um geltende Normen aus. Wackelt die fünfte Urlaubswoche?


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Wien. "Gold Plating" hat jetzt schon das Potenzial, zum Unwort des Jahres zu werden. Gleich neun Mal findet sich dieser Begriff im aktuellen Regierungsprogramm. Und nie in einem positiven Kontext. Gemeint ist damit die Übererfüllung von EU-Richtlinien und -Verordnungen. Das schränke die Wettbewerbsfähigkeit ein. "Unnötige" Bestimmungen, so versprach es die Regierung, sollen wieder zurückgenommen werden. Wirtschaftsvertreter haben dem Justizministerium nun jene Regelungen vorgelegt, die aus ihrer Sicht zu weit gehen. Und damit eine hitzige Debatte rund um die fünfte Urlaubswoche, Mutter- und Arbeitnehmerschutz ausgelöst.

Wirtschaftskammer (WKO), Industriellenvereinigung (IV) und andere Interessensvertreter haben im Rahmen der Deregulierungsoffensive der Regierung insgesamt 498 Beispiel von Gold Plating an das Justizministerium übermittelt. Und auf der Liste der Wirtschaftskammer sind eben auch die fünfte Urlaubswoche und der strenge Mutterschutz angeführt. Die EU schreibe nur vier Wochen Urlaub vor statt fünf. Und anders als in Österreich dürften Frauen laut EU-Vorgaben im Rahmen von Massenkündigungen während des Mutterschutzes sehr wohl entlassen werden.

Debatte um Mindeststandards

Nach heftiger Kritik seitens der Opposition, allen voran der SPÖ, und der Arbeitnehmervertreter war man am Dienstag bei der Wirtschaftskammer um Schadensbegrenzung bemüht. "Bei den Vorschlägen handelt es sich nur um eine Materialsammlung, wo wir über der EU-Norm liegen. Niemand will die fünfte Urlaubswoche zurücknehmen oder den Mutterschutz lockern", sagt Martin Gleitsmann, Sozialsprecher der WKO. Das sei rechtlich auch nicht möglich, weil ja beide Bestimmungen schon vor dem EU-Beitritt in Kraft waren. Auch in der IV stelle man die geltenden Urlaubsregelungen und den Schutz für werdende Mütter nicht infrage.

Seitens der Regierung versichert man, dass man nicht vorhabe, Standards hier generell nach unten zu nivellieren. "Mit dem Gold-Plating-Projekt sollen keine nationalen Schutznormen zurückgenommen bzw. keine Sozialstandards (wie der bestehende Urlaubsanspruch und der Kündigungsschutz im Mutterschutz) gesenkt werden", steht in einem Brief vom 9. Juli, den das Justizministerium an alle Ressorts versandt hat. Bis 5. September sollen die einzelnen Ministerien nämlich melden, welche Bestimmungen aufgehoben werden sollen und welche bleiben.

"Warum schreibt man das in ein Papier, wenn nicht daran gerüttelt werden soll?", kontert der SPÖ-Abgeordnete Josef Muchitsch. Erst auf öffentlichen Druck hin rudere man nun zurück, meint er.

Holzbrett und Lohndumping

Der Großteil der Vorschläge stammt aus der Feder der WKO und der IV. Unter den nicht ganz 500 genannten Punkten im Papier finden sich auch Skurrilitäten, gegen deren Entschärfung wohl niemand etwas einzuwenden hätte. Zum Beispiel das Verbot von Holzbrettern in der Gastronomie. Die EU schreibt nämlich nur vor, dass Utensilien so beschaffen sein müssen, dass sie hygienisch sauber gehalten werden können. In Österreich wurde dann daraus ein Holzbrett-Verbot für die Gastronomie.

Über andere wiederum dürfte weiter hitzig diskutiert werden. So fordern die Arbeitgebervertreter eine Lockerung des Lohn- und Sozialdumpinggesetzes. Künftig sollen Unternehmer bestraft werden, die den Mindestlohn unterschreiten oder keine Überstunden bezahlen wollen. Das Unterschlagen von Urlaubsgeld aber soll nicht extra bestraft werden.

Zudem werden die zu hohen Strafen bei Nichteinhaltung der Entsenderichtlinie beklagt und eine Lockerung beim Leiharbeitsgesetz gefordert. Thematisiert werden auch Vorgaben für Mülldeponien und die strengen Veröffentlichungspflichten für börsennotierte Unternehmen. Das wiederum kommt bei den Arbeitnehmervertretern gar nicht gut.

Diese wurden übrigens auch eingeladen, an der Deregulierungs-Debatte der Regierung teilzunehmen. "Wir haben uns aber bewusst dagegen entschieden", hieß es auf Anfrage aus dem Gewerkschaftsbund. "Es kann nicht sein, dass wir in der EU ein Rennen machen, wer die miesesten Standards hat", sagt Silvia Hruska-Frank von der Arbeiterkammer.

Im Justizministerium jedenfalls geht man jetzt mit einem Ampelsystem an die Vorschläge heran. Rot markierte Vorschlägen werden nicht umgesetzt, gelbe werden näher geprüft und grüne sollen sofort umgesetzt werden.