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Seine Stimme greift, er kann die Figuren perfekt nachäffen. . . nur eines kann er nicht: einen normalen Erzählton treffen. Gerhard Ernst verschaffte uns daher mit zwei Erzählungen von B. Traven in den "Radiogeschichten" dienstags auf Ö1 nur ein halbes Vergnügen. Ebenso zwiespältig das Vergnügen wenig später beim "Historischen Opernkonzert". Gottfried Cervenka wartete mit niederländischer Gesangskunst auf. Hörenswert, kein Zweifel, und informativ. Nur als er zwischendrin von der "Landsmännin" eines Sängers sprach, hakelte es bei mir aus. Ich bin bei Gott (und beileibe) kein Feminist, aber sowas ist peinlich und patschert, tut weh. Keinesfalls patschert - was bei dieser Thematik leicht möglich wäre -, sondern lieb und witzig gemacht war der Kurzfilm "Max und der Ursprung der Welt" um 21.45 Uhr in 3sat. Diese kleine feine Etüde über einen pubertierenden Jüngling war ein Beispiel für den gesunden TV-Konsum zwischendurch; sie regte zum Mitfühlen und Schmunzeln an. Diesen aufgelockerten Gefühlshaushalt hatte man auch bitter nötig, um für "kreuz& quer" auf ORF 2 entsprechend gewappnet zu sein. "Die Synagoge war mir Heimstätte" nannte sich die Doku von Regina Strassegger; ein polit-historisches Schwergewicht, ein Hör- und Schau(er)stück par excellence.
"Ich hatte keine Jugend", sagte eine alte Dame, die als jüdisches Kind Graz und die Grazer 1938 erlebte. "Die Österreicher haben nichts verstanden", resümiert ein alter Mann. Es schauderte einen. Es war "Schulfernsehen" für jedermann zu (fast) jeder Zeit - nur nicht zur Geisterstunde, kurz vorm Schlafengehen. Vor allem aber Aufklärung in einer Zeit, in der (gefährlich) einfache Parteimitglieder wieder öffentlich von der Beseitigung von Menschen daherplärren dürfen . . . fast unkommentiert.