Kostelka-Reimer hadert mit Richter. | Beweise seien ignoriert worden. | Wien. Empört reagierte Gerda Kostelka-Reimer auf die Entscheidung des Wiener Handelsgerichts, die Schadenersatzklage gegen die früheren Bawag-Chefs wegen "mangelnder Schlüssigkeit" zurückzuweisen. Die Anwältin hatte im Namen des ÖGB und der ÖGB-Schuldenholding AVB Klage gegen die pensionierten Bawag-Generaldirektoren Helmut Elsner und Johann Zwettler, die ehemaligen Bank-Vorstände Peter Nakowitz, Christian Büttner, Hubert Kreuch und Josef Schwarzecker, den früheren Aufsichtsratspräsidenten Günter Weninger und Ex-ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch eingebracht.
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Der ÖGB forderte von den acht Männern, die (bis auf Verzetnitsch) alle auch im großen Bawag-Strafprozess angeklagt sind, Schadenersatz in Höhe von 11 Millionen Euro für den Schaden, den der ÖGB aus den Karibik-Verlusten erlitten hat. Zwischen 1998 und 2000 hatte die Bawag bei Spekulationsgeschäften mit Wolfgang Flöttl 1,4 Milliarden Euro verloren. Schließlich konnte die Bank nur dank einer Garantie des ÖGB bilanzieren, was diesen selbst in finanzielle Nöte brachte. Der Gewerkschaftsbund sah sich schließlich gezwungen, die Bank zu verkaufen.
Aus den erhofften Millionen wurde nichts. Statt dessen sollen die Kläger den Beklagten insgesamt 1,2 Millionen Euro an Prozesskosten erstatten.
Prozess zu teuer
"So etwas habe ich noch nie erlebt", wetterte Kostelka-Reimer im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". "Das grenzt an Rechtsverweigerung und Willkür." Natürlich sei die Klage plausibel gewesen. Allerdings hätte sich der Richtersenat dazu auch mit den Beweisen beschäftigen müssen. Eine Beweisaufnahme sei jedoch aus rein prozessökonomischen Gründen abgelehnt worden, ein langes Beweisverfahren dem Richter wohl zu teuer gewesen, so Kostelka-Reimer. Statt dessen seien wesentliche Teile der Klage weder erwähnt noch erörtert worden. Viel eher hätte sich das Gericht der Behauptung der Beklagten angeschlossen, wonach die Klage unschlüssig sei, und eine Entscheidung darüber der nächsten Instanz überlassen.
"Ich persönlich finde es ungeheuerlich", sagte Kostelka-Reimer. Wenn dieses Urteil halte, könne jeder Bank-Vorstand in Österreich Bilanzen fälschen und am Aufsichtsrat vorbei agieren, ohne zu Schadenersatz verpflichtet werden zu können. Auch hadert die ÖGB-Anwältin damit, dass das Verfahren, das bereits am 26. März nach einer zweistündigen Verhandlung beendet wurde, nicht bis zum Ende des Strafprozesses unterbrochen wurde.