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Als die in Buchara (Usbekistan) geborene Kunstturnerin Oksana Chusovitina ihre ersten Medaillen gewann, herrschte in ihrem Land Kommunismus, und von den Fotos in den sowjetischen Turnhallen lächelte Michail Gorbatschow den trainierenden Genossinnen und Genossen zu. Seit ihrem ersten Antreten bei Olympischen Spielen (Barcelona 1992) ist die 41-Jährige zum Dauergast im Turnersport mutiert und hat bei zahlreichen internationalen Turnieren nicht weniger als 21 Medaillen geholt - und das ohne jemals irgendwie unter Dopingverdacht geraten zu sein. Das will für eine Athletin aus dem ehemaligen Osten, der ja gern unter dem Verdacht stand (und steht), es mit verbotenen Substanzen nicht allzu zu genau zu nehmen, was heißen.
Umso lauter wird daher wohl der Jubel für Chusovitina ausfallen, wenn sie ab 7. August in Rio de Janieiro - immerhin bereits das siebente Mal bei Olympischen Spielen - durch die Luft wirbeln und über Barren tänzeln wird. Auch weil es möglicherweise ihr letzter Auftritt in dem Rahmen sein könnte, zumindest legt das ihr - vom deutschen Turnverband bereits genehmigter - Wunsch, noch ein (letztes) Mal für ihre frühere Heimat Usbekistan um Olympia-Edelmetall kämpfen zu dürfen, nahe. Je eine Medaille hatte Chusovitina für den UdSSR-Nachfolgestaat GUS (1992) und für Deutschland (2008) geholt.
Dass sie nun gegen Ende ihrer Turnerkarriere zu ihren Wurzeln zurückkehrt, ist nachvollziehbar, mag aber auch ein Zeichen für die Dankbarkeit sein, die sie für ihr Heimatland empfindet. Wie viele Sportler haben sich schon in die Fremde abgesetzt, sind berühmt und reich geworden und haben ihre Herkunft vergessen? Das ist bei Chusovitina, die einst wegen der Krebskrankheit ihres Sohnes (und nicht etwa wegen besserer Verdienstaussichten) nach Köln gezogen war, nicht so. Mehr muss man da gar nicht mehr sagen.