Risikokapitalisten machen aus Facebook & Co Top-Firmen. | Geldgeber wollen bei Börsengang oder Verkauf verdienen. | Die ersten Börse-Debüts waren großteils ein Flop.
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Marc Andreessen ist ein Paradebeispiel: Der Gründer der Computer-Servicefirma Netscape, die 1999 an AOL verkauft wurde, hat schon mehrere Unternehmen auf die Beine gestellt - und alsbald wieder erfolgreich verhökert. Seit zwei Jahren betätigt sich der 40-Jährige mit seiner Risikokapital-Gesellschaft "Andreessen Horowitz" als Investor, der es vor allem auf Social-Media-Spezialisten abgesehen hat. Bislang pumpte er fast eine Milliarde Dollar in rund 50 Firmen, darunter schillernde Größen wie Facebook, Foursquare, Groupon, Skype und Zynga. Zuletzt kaufte sich Andreessen mit 80 Millionen bei Twitter ein.
Seine im kalifornischen Menlo Park ansässige Finanzfirma gilt als die heißeste Adresse im Silicon Valley. Ursprünglich wollten Andreessen und sein Partner Ben Horowitz maximal eine Million Dollar Wagniskapital in ein vielversprechendes Projekt stecken, doch dann riskierten sie bei Skype gleich 50. Als Microsoft unlängst den Internet-Telefondienst für sagenhafte 8,5 Milliarden Dollar kaufte, erhielt das Duo für seinen Minianteil immerhin 153 Millionen. Schon starteten die beiden ihren nächsten Coup: Sie übernahmen als Konsortialführer die zweite Finanzierungsrunde für den Lokalisierungsdienst Foursquare. Das seit März 2009 bestehende 70-Mann-Unternehmen mit 10 Millionen Nutzern, das vor einer Übernahme durch Facebook und Yahoo gestanden war, erhielt eine Geldspritze von 50 Millionen Dollar. Sein Marktwert soll so gerüchteweise auf eine Milliarde Dollar gepusht worden sein.
"Andreessen Horowitz" zählt zu dem elitären Zirkel der US-Private-Equity-Firmen, die sich als Drahtzieher in der boomenden Internet-Szene etabliert haben. Die beiden Investoren waren beispielsweise auch bei der 950-Millionen-Dollar-Aktion mit an Bord, die Groupon, dem führenden Portal für Schnäppchenjäger, im Jänner eine glanzvolle Zukunft eröffnete. Mit dieser Rekordsumme boten die konsortialen Andreessen-Partner dem 30-jährigen Groupon-Chef Andrew Mason die Chance, dass sein in Chicago ansässiger Konzern beim geplanten Börsengang, der laut "New York Times" Ende 2011 stattfinden soll, mit 15 bis 20 Milliarden Dollar bewertet werden könnte. Im Vorjahr war die Groupon bestenfalls eine Milliarde wert.
LinkedIn gelang ein tolles Börse-Debüt
Das Kalkül der cleveren US-Risikofinanzierer, die in unterschiedlichen Konsortial-Konstellationen auftreten, ist logisch: Sie verteilen laufend Geld an hoffnungsvolle Internet-Pioniere und treiben deren Firmenwert auf teilweise groteske Weise in die Höhe - in der Hoffnung, ihre Schützlinge eines Tages an einen Käufer weiterzureichen oder im Zuge eines Börsengangs Kassa machen zu können.
Bislang kam es aber nur zu wenigen Börsengängen, die Geldgeber besonders erfreuen hätten können: Das Debüt der umstrittenen Contentfabrik Demand Media, die Artikel, Videofilme und Podcasts zu im Internet häufig gesuchten Themen produziert, fiel ebenso unspektakulär aus wie der Börsengang des Web-Radios Pandora Media, dessen Papier sich letztlich als Flop erwies. Auch der Auftritt von HomeAway, einer texanischen Website für die Vermietung privater Feriendomizile, war an der US-Technologiebörse Nasdaq nicht gerade erfolgreich
Bei der auf Carsharing spezialisierten ZipCar lief es seit April schon besser, doch ein richtig guter Start gelang lediglich dem Karrierenetzwerk LinkedIn. Es notiert seit Mai an der New Yorker Stock Exchange und konnte seinen Aktienkurs deutlich steigern. Davon profitierten seine Finanziers wie "Sequoia Capital" oder "Greylock Partners", die LinkedIn im Laufe der Jahre mit mehr als 100 Millionen Dollar aufgepäppelt hatten.
Facebook & Co in denStartlöchern
Während der russische Suchmaschinen-Gigant Yandex im Mai an der Nasdaq einen pompösen Börsengang schaffte und einige chinesische Internet-Riesen ebenfalls an die Börse gingen - zuletzt etwa die Dating-Site Jianyuan oder die Facebook-Kopie Renren -, scheinen es die amerikanischen Internetfirmen nicht besonders eilig zu haben: Sie lauern offenbar auf den optimalen Zeitpunkt, um möglichst viel Geld einsammeln zu können.
Auf ein solches Großereignis bereiten sich etwa Facebook-Gründer Mark Zuckerberg und Groupon-Erfinder Andrew Mason vor. Das würde beispielsweise Reid Hoffman, Partner bei "Greylock Partners" sowie Mitgründer von LinkedIn, besonders gut gefallen, weil sein Unternehmen an beiden Topfirmen beteiligt ist. Die 1965 gegründete Beteiligungsgesellschaft hat bereits 150 Börsengänge begleitet, verwaltet zwei Milliarden Dollar und ist auch in Israel und Europa präsent.
Im Schatten von Facebook, das bereits auf 100 Milliarden Dollar taxiert wird, warten einige andere Kandidaten auf die Stunde X: So etwa plant der 2007 gegründete Onlinespiele-Entwickler Zynga, der mehr als 600 Millionen umsetzt, 320 Millionen registrierte Nutzer betreut und bereits schwarze Zahlen schreibt, einen Börsengang. Dieser soll ihm bis zu zwei Milliarden Dollar einbringen.
Falls der Coup klappt, wäre das Unternehmen bis zu 20 Milliarden wert - und seine Finanziers könnten einen Triumph feiern. Schließlich hatte John Doerr, Partner bei "Kleiner Perkins Caufiels & Byers", in Zynga gemeinsam mit "Fidelity Investments" 485 Millionen investiert: "Wir waren von Google bis Amazon fast überall dabei, aber Zynga ist eines unserer besten Investments".
Kürzlich hat sich auch die Schnäppchen-Website LivingSocial für einen Börsengang entschieden. Bislang wurde der Groupon-Konkurrent von Amazon und anderen Finanziers mit nahezu einer Milliarde Dollar über Wasser gehalten. Eine weitere Milliarde soll demnächst eingespielt und der Firmenwert auf 15 Milliarden Dollar hochgeschraubt werden. Kein Wunder, dass Anleger angesichts solcher Erwartungen allmählich Angst vor einer neuerlichen Dotcom-Blase kriegen.