Warum beim Treffen des russischen und ukrainischen Außenministers keinerlei Kompromiss erzielt werden konnte.
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Wunder seien von dem Gespräch ohnehin nicht zu erwarten gewesen, sagte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu. Aber immerhin seien der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba und sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow durch das von der Türkei vermittelte Treffen in Kontakt getreten. Und trotz aller Schwierigkeiten, so fügte Cavusoglu hinzu, sei das Treffen in Antalya zivil abgelaufen. Keine der beiden Seiten sei laut geworden.
Mehr konnte Cavusoglu nicht vermelden. Das Gespräch der beiden Außenminister hat keinerlei konkretes Ergebnis gebracht. Nicht einmal die kleinsten Fortschritte für eine lokale Waffenruhe oder Fluchtkorridore wurden erzielt. Dabei waren die Gespräche von der - wenn auch kleinen - Hoffnung begleitet worden, dass wenigstens für schwer betroffene Gebiete wie die von russischen Truppen belagerte Hafenstadt Mariupol oder die unter dauerndem russischen Beschuss stehende Metropole Charkiw eine kurze Ruhepause hätte erzielt werden können.
Ukraine will weiter in Nato
Dass das nicht gelang, lag Kuleba zufolge auch daran, dass Lawrow gar nicht in der Lage gewesen sei, in dieser Frage irgendwelche Zusagen zu machen. Der russische Außenminister müsse darüber in Moskau Rücksprache halten. Es sei auch über eine 24-stündige Waffenruhe gesprochen worden, aber: "Wir haben keinen Fortschritt in dieser Frage erzielt. Denn wie es scheint, werden diese Entscheidungen von anderen in Russland getroffen." Es sei schwierig, einen Krieg zu stoppen, wenn der Aggressor nicht den Willen dazu habe, betonte Kuleba.
Lawrow sagte seinerseits, man habe sich auf humanitäre Fragen konzentriert und nicht über eine Waffenruhe gesprochen. Beide Seiten zeigten sich immerhin bereit, die Gespräche fortzusetzen.
Bei der danach getrennt abgehaltenen Pressekonferenz wurde noch einmal klar, wie unvereinbar die Positionen sind. Das zeigte sich etwa bei dem Thema Nato. Kuleba betonte nochmals, sein Land werde weiterhin konsequent das Ziel einer Nato-Vollmitgliedschaft verfolgen. Allerdings schränkte er ein, dass er damit in den nächsten Jahren nicht rechne. Lawrow wiederum machte klar, dass ein Beitritt der Ukraine in das westliche Militärbündnis für Russland absolut inakzeptabel sei. Vielmehr müsse das Nachbarland demilitarisiert werden und sich für neutral erklären.
Als Bedingung für eine Einstellung der Gefechte fordert Russland zudem, dass die Ukraine die annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim als russisch sowie die Separatistengebiete Luhansk und Donezk als unabhängige Staaten anerkennt. Diesen Verlust von Territorium lehnt wiederum die Regierung in Kiew rundweg ab.
Somit machte das Treffen vor allem deutlich, wie unmöglich derzeit irgendeine Form des Kompromisses ist. Zumal auch keine der beiden Parteien momentan militärisch so überlegen ist, dass sie der anderen ihre Bedingungen aufzwingen kann. Das ukrainische Militär hält bisher dem russischen Angriffskrieg überraschend gut stand. "Die Ukraine hat sich nicht ergeben, ergibt sich nicht und wird sich nicht ergeben!", betonte Außenminister Kuleba noch einmal. Russland setzt aber zusehends auf einen Zermürbungskrieg und sieht offenbar keinen Grund, bei Verhandlungen bereits irgendwelche Zugeständnisse zu machen.
Warnendes Beispiel Syrien
Wobei sich generell die Frage stellt, inwieweit die Verhandlungen auf russischer Seite Teil der Kriegsführung sind. Als mahnendes Beispiel gilt hier der Bürgerkrieg in Syrien, wo Russland militärisch aufseiten des Diktators Bashar al-Assad eingegriffen hat. Dabei zeigte sich beim Umgang mit den Rebellenhochburgen immer wieder das gleiche Muster.
Es wurden kurzzeitig humanitäre Korridore geschaffen. Diese führten allesamt in die von Assad kontrollierten Gebiete. Wer dort nicht hinwollte, sondern in den belagerten Gebieten ausharrte, wurde zum Terroristen erklärt.
Das diente dann als Argument, um die Städte einer noch härteren Blockade und Bombardierung auszusetzen. Hilfslieferungen wurden nicht durchgelassen, während bei den Angriffen auch zivile Einrichtungen wie Schulen oder Krankenhäuser zerstört wurden. Deshalb hat Osama Abu Zaid, der für syrische Rebellen an Waffenstillstandsverhandlungen mit Russland beteiligt war, einen klaren Rat an die Ukrainer: "Traut den Russen nicht, glaubt keiner ihrer Versprechungen", zitierte ihn die "Frankfurter Allgemeine Zeitung".
Kein Grund, Moskau zu glauben
Auch aufgrund eigener Erfahrungen hat die Ukraine keinen Anlass, Russland zu vertrauen. So hat die Ukraine Anfang der 1990er Jahre all ihre Atomwaffen abgegeben und dafür ihre territoriale Integrität zugesichert bekommen. Festgehalten wurde das im Budapester Memorandum, das auch von Russland, den USA und Großbritannien unterzeichnet, bei den Vereinten Nationen als völkerrechtlicher Vertrag hinterlegt wurde - und mit dem russischen Großangriff erneut gebrochen wurde.
Aufgrund dieser Erfahrungen und der aktuellen Konstellation gibt es wenig Hoffnung, dass die gegenwärtigen Gespräche zu einem Erfolg führen. Gleichzeitig sind Verhandlungen die einzige Alternative zum Krieg. Nur wenn geredet wird, wird vielleicht einmal nicht geschossen. Das ist auch der Grund, warum Frankreichs Präsident Emmanuel Macron weiter Kontakt zu Wladimir Putin hat. Dabei geht es nicht darum, dem russischen Präsidenten zuzureden, sondern ihm klarzumachen, dass für sein Land die Kosten mit jedem Kriegstag steigen.