Spaniens konservativer Wahlsieger Rajoy will nach den Parlamentswahlen vom Sonntag Koalitionsgespräche eröffnen. Ob er jedoch Ministerpräsident bleibt, ist mehr als fraglich.
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Madrid. Er gilt als langweilig. Charismatisch ist er auch nicht. Er kann keine mitreißenden Reden halten und seine konservative Volkspartei (PP) macht mehr durch Korruptionsaffären als durch politische Glanzleistungen von sich Reden. Dennoch konnte Mariano Rajoy (61) die spanischen Parlamentswahlen am Sonntag klar für sich entscheiden.
Der geschäftsführende Ministerpräsident konnte seinen Vorsprung im Vergleich zu den Wahlen im vergangenen Dezember sogar noch ausbauen. Es war vor allem die mit dem britischen Brexit gestiegene Angst vieler Spanier vor einer linkspopulistischen Regierungskoalition aus Podemos und Sozialisten (PSOE), die Rajoy einen überraschend klaren Sieg bescherte.
Dass er deshalb aber auch wieder die Geschicke des Landes leiten wird, ist fraglich. Dazu braucht Rajoy einen Koalitionspartner. Doch das düstere Panorama hat sich seit der Dezember-Wahl nicht groß gewandelt, die Kräfteverhältnisse sind ähnlich wie vor den Neuwahlen. Damals wollten weder die Sozialisten noch die beiden jungen Parteien - die linkspopulistische Podemos (Wir können es) und die konservativ-liberale "Bürger"-Partei Ciudadanos - mit den Konservativen regieren. Aber auch der sozialistische Oppositionsführer Pedro Sánchez (PSOE) fand keine Regierungsmehrheit. Neuwahlen mussten ausgerufen werden.
Heute, Donnerstag, will Rajoy erste Kontakte für mögliche Koalitionsgespräche aufnehmen, darunter mit dem sozialistischem Oppositionsführer Pedro Sánchez.
Es dürfe nicht zu einem dritten Wahlgang kommen. Darüber sind sich die Spitzenkandidaten aller Parteien einigt. Doch hier hören die Gemeinsamkeiten auch schon auf, machen einen dritten Urnengang nicht unwahrscheinlich. Für viele gelten die Koalitionsgespräche als gescheitert, bevor sie überhaupt begonnen haben.
"Spanien kann sich keine zweiten Neuwahlen leisten. Wir brauchen eine stabile und funktionierende Regierung. Gerade jetzt, wo die Wirtschaft wieder langsam wächst und der Brexit Europa verunsichert", erklärt Rajoy. Er erinnert daran, dass Spanien im August einen neuen Haushalt ausarbeiten und mit Europa dringend neue Defizitrückzahlungsbedingung verhandeln muss. "Deshalb werde ich den Sozialisten erneut eine große Koalition anbieten". Sogar für eine passive Unterstützung der Sozialisten durch Enthaltung bei der Wahl des Regierungschefs sei er dazu bereit, über die von Sánchez seit Jahren geforderten Arbeitsmarkt- und Verfassungsreformen zu sprechen.
Doch die Sozialisten stellen auf stur. "Ich kann es einfach nicht klarer, nur noch lauter sagen. Nein, wir werden eine Regierung der konservativen Volkspartei unter Mariano Rajoy weder aktiv noch passiv unterstützen", stellt Sánchez klar. Seine persönliche Feindschaft zu Rajoy, aber auch der Widerstand eines Großteils der Parteianhänger lassen ihn kaum eine andere Wahl.
Selbst seine parteiinterne Rivalin, Andalusiens sozialistische Ministerpräsidentin Susana Díaz, meint: "Wir Sozialisten sind die politische Alternative. Wir werden die für die Spanier so schmerzhafte Politik der Konservativen auf keinen Fall mittragen." Doch Rajoy braucht die Enthaltung der Sozialisten, um zumindest eine Minderheitsregierung bilden zu können.
Den Ciudadanos istRajoys zu korrupt
Auch die Ciudadanos können Rajoy kaum zur Macht verhelfen. Die liberale, aber wirtschaftskonservative Partei von Albert Rivera verlor bei den Wahlen 32 Sitze, die mehrheitlich ausgerechnet an die Konservativen gingen. Sie sind nicht stark genug, um Rajoy als Premier zu verabschieden. Die Koalition hätte allerdings eine Chance, wenn die baskischen Nationalisten der PNV und die Kanarische Koalition (CC) hinzustoßen.
Das Problem: Die Ciudadanos-Partei, die vor sechs Jahren in Katalonien als Gegenbewegung zu den Separatisten gegründet wurde, trat die Parlamentswahlen mit dem Anspruch an, Spaniens Politik von der Korruption zu bereinigen. "Rajoy ist verantwortlich für die Korruption in seiner Partei. Solange er ihr vorsteht, brauchen die Konservativen nicht auf unsere Unterstützung zählen", poltert Rivera. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. "Ich habe erneut die Wahlen gewonnen. Mir kann niemand sagen, dass ich den Hut nehmen muss", wies Rajoy den viertplatzierten Rivera in die Schranken.
Rajoys Chance ist, dass Sozialisten und Liberale ihren Regierungspakt der vergangenen Koalitionsgespräche wohl kaum wiederholen werden. Er führte dazu, dass vor allem die Liberalen viele konservative Wechselwähler wieder verloren. Außerdem mussten beide Parteien starke Stimmenverluste hinnehmen, weshalb sie mit ihren 117 Mandaten zu weit von einer notwendigen Mehrheit von 176 Stimmen weg sind und Rajoy einen solchen Regierungspakt per Veto verhindern würde.
Eine mögliche Mitte-Links-Koalition zwischen Sozialisten und Unidos Podemos hat ebenso wenig Chancen auf Erfolg. Sie wäre mit 156 Stimmen auf die Unterstützung der katalanischen und baskischen Separatisten angewiesen und deren bekannten Preis ist Sánchez nicht bereit zu zahlen. Die politische Hängepartie in Spanien geht also vorerst weiter.