Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Im Mai ist es soweit - da soll das soziale Netzwerk Facebook an die Börse gebracht werden. Schon im Vorfeld macht sich bei Investoren Goldgräberstimmung breit. Denn Facebook gilt als Senkrechtstarter seiner Branche - mit dem Potenzial, das Internet zu revolutionieren. In Fachkreisen wird das amerikanische Unternehmen deshalb mit vielen Vorschusslorbeeren bedacht.
Sein künftiger Börsenwert wird auf 75 bis 100 Milliarden US-Dollar geschätzt. Facebook wäre damit gleich vom Start weg auf einer Ebene mit Weltkonzernen wie VW oder Siemens, obwohl die im Silicon Valley ansässige Firma gegen deren Größe verblasst.
Angesichts einer derart hohen Bewertung ist die Angst vor einer neuen Internet-Blase nicht unbegründet. Seit dem Vorjahr sind etliche Online-Firmen an die Börse gegangen, darunter das Karriere-Netzwerk Linkedin, die Schnäppchen-Website Groupon, die Suchmaschine Yandex und der Spieleanbieter Zynga (der vor allem auf der Facebook-Plattform zu Hause ist). Sie alle haben die Herzen der Anleger zunächst höher schlagen lassen, weil sie fulminant gestartet waren. Doch mittlerweile hat sich der anfängliche Hype gelegt, nach starken Kursschwankungen notieren die meisten Titel nun in der Nähe ihres Ausgabepreises.
Bei Facebook könnte es ähnlich laufen. Und deshalb ist die Gefahr einer Blase wie zur Jahrtausendwende, als viel mehr Dotcom-Firmen an die Börse strömten und generell blinde Gier herrschte, einigermaßen überschaubar.
Ob bis zu 100 Milliarden Dollar Börsenwert bei Facebook gerechtfertigt sind, wird am Ende des Tages vom Markt entschieden. Sollten sich dessen hochgesteckte Erwartungen in Sachen Wachstum und Gewinn nicht erfüllen, könnte sich schnell Ernüchterung einstellen und den Kurs auf Talfahrt schicken.
Derzeit aber lebt die Fantasie. Und das macht Facebook in den Augen vieler Investoren auch so attraktiv. Sie setzen darauf, dass sich der Online-Riese, hinter dem mehr als 800 Millionen User stehen, zu einem Portal zum Internet entwickelt. Die Nutzer surfen dann bei Facebook los und gelangen von dort zu anderen Internetangeboten. Und in diesen Strom soll sich dann Werbung mischen - mehr und mehr, denn Facebook will schließlich auch Geld verdienen.
Geht diese Rechnung auf, steht Facebook eine glänzende Zukunft bevor. Ein Investment ist jedenfalls eine hochspekulative Wette darauf. Scheitern könnte die Vision der Internet-Revolutionierung durch Facebook freilich noch an den Nutzern. Denn die haben zuletzt zunehmend Bedenken angemeldet, weil das Netzwerk alle erdenklichen Daten über seine Mitglieder sammelt.