Länder mit grüner Regierungsbeteiligung verfehlen regelmäßig Asyl-Quote.
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Salzburg. "No paradise but better than hell." Kein Paradies aber besser als die Hölle, so schilderte ein Flüchtling das Leben im Linzer Zeltlager. Auch wenn die Zeltstädte von vielen Seiten und Bürgern als Schande für Österreich und menschenwürdige Unterbringung gesehen werden - gerade für Kriegsflüchtlinge ist es im schlimmsten Fall immer noch ein Fortschritt zu der Hölle, der sie entkommen sind.
Diese Meinung traut sich außer den Flüchtlingen selbst und jenen, die finden, dass es den Flüchtlingen in Österreich ohnehin ganz pauschal viel zu gut gehen würden, aber kaum jemand zu vertreten. Eine der wenigen unumstrittenen Feststellungen in der komplexen Asyl-Diskussion ist, dass befestigte Unterkünfte eine bessere Lösung als die aktuell aufgebauten Zeltstädte wären.
Aktuell sind 1037 Flüchtlinge in Zelten untergebracht. In den Ländern wird zwar beteuert, dass fieberhaft nach neuen Quartieren gesucht wird, die Entwicklung der vergangenen Wochen deutet aber daraufhin, dass aus der kurzfristigen zumindest eine mittelfristige Unterbringungslösung wird. Der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer rechnet damit, dass die Zelte erst im Herbst abgebaut werden.
Sein Bundesland tut sich fast schon traditionell schwer mit der Einhaltung der Flüchtlingsquote. Salzburg ist aktuell bei den Bundesländern mit einer Quotenerfüllung von 88 Prozent - ohne die in Zeltstädten untergebrachten Asylwerber - das Schlusslicht unter den Bundesländern. Auffällig ist: Genauso wie in Salzburg sitzen auch in anderen Ländern, die traditionell Schwierigkeiten mit der Erfüllung der Quote haben, die Grünen mit in der Regierung, die auf allen Ebenen besonders vehement für eine menschliche Asylpolitik eintreten.
Kärnten, ebenfalls mit grüner Regierungsbeteiligung, kommt nach Salzburg auf eine Quote von 91,5 Prozent, dann folgt bei den säumigen Bundesländern das neuerdings rot-blaue Burgenland. Doch auch die grün mitregierten Länder Vorarlberg mit einer Quote von 92,3 Prozent und Oberösterreich mit 93,6 Prozent, wo die Asylagenden aufgrund des Proporzes trotz einer schwarz-grünen Koalition in den Händen einer SPÖ-Landesrätin liegen, sind von einer Erfüllung der Quote relativ weit entfernt. Auch das schwarz-grüne Tirol scheitert mit 95,7 Prozent. Wien mit 114 Prozent ist das einzige Bundesland mit grüner Regierungsbeteiligung, das die Quote übererfüllt.
Als der Zustrom an Flüchtlingen noch schwächer und der Druck auf die Länder geringer war, legten gerade die Grünen in Regierungsverantwortung großes Augenmerk auf kleinere, qualitätsvolle Quartiere. Dass man mit dieser Herangehensweise für einen Flüchtlingsansturm wie den aktuellen nicht gewappnet ist, liegt auf der Hand. Statt in großen, weniger komfortablen Quartieren müssen Flüchtlinge nun also in Zelten schlafen.
Nun gehen die Grünen ebenfalls von ihrem Schwerpunkt auf die Qualität ab. "Wir sind mittlerweile in einer anderen Situation, diese Situation erfordert andere Maßnahmen", sagt Salzburgs grüne Integrations-Landesrätin Martina Berthold im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Sie erzählt von einem Quartier für bis zu 100 Flüchtlinge, das in Thalgau aktuell vorbereitet werde.
Vor nicht einmal einem Jahr, im August 2014, sagte Berthold in einem APA-Interview noch: "Ich habe ein Großquartier mit 120 Plätzen dezidiert abgelehnt, obwohl uns das auf einmal viele Sorgen genommen hätte." Das würde sie heute wohl nicht mehr machen. Auch ihre Tiroler Regierungskollegin Christine Baur, ebenfalls von den Grünen, sagt: "Je schneller die Zahlen steigen, desto schwieriger ist das mit einer qualitätsvollen Unterbringung zu matchen."
Kommunikationfunktioniert nicht
Auch sie erzählt von einzelnen Betten, die zusätzlich in Zimmer gestellt wurden, und Containern, die mittlerweile auf landeseigenem Grund aufgestellt wurden und für 200 Plätze sorgten. Die Forderung nach qualitätsvoller Betreuung kommt aber nicht nur von den Grünen, sagt Baur: "Ich habe keinen Bürgermeister, der sagt, er will keine Flüchtlinge, aber der Wunsch nach qualitativer Betreuung kommt auch von den Gemeinden."
Überhaupt sind auch die grün eingefärbten Landesregierungen auf die Kooperation der Gemeinden angewiesen. "Das Räderwerk, dass es funktioniert, ist die Kommunikation. Und da hapert es sowohl zwischen Bund und Ländern als auch zwischen Ländern und Gemeinden", sagt Baur. Berthold berichtet Ähnliches: "Ich erlebe schon Zurückhaltung von Bürgermeistern, die hoffen, dass die Aufgabe an ihnen vorübergeht."
Dass die Asylagenden in den Händen der den Asylwerbern freundlich gesinnten Grünen liegen, muss in einem ÖVP-dominierten Bundesland wie Salzburg nicht unbedingt ein Vorteil sein. "Es ist etwas anderes, wenn 80 Prozent der Bürgermeister der eigenen Partei angehören. Inzwischen ist der Landeshauptmann aber mit mir gemeinsam an dem Thema dran und mit ,seinen‘ Bürgermeistern im Kontakt", sagt Berthold.