Bewegt er sich doch? Kaum hatte US-Präsident George W. Bush eine baldige Diskussion über den Truppenabzug angekündigt, nannte sein Oberkommandierender im Irak, General David Petraeus, den März 2008 als mögliches Beginndatum für einen Rückzug.
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Er sieht die US-Armee am Ende ihrer militärischen Kapazitäten. Der genannte Zeitpunkt liegt zwar weit hinter den Vorstellungen der US-Demokraten, die am liebsten die Heimkehr der Truppen im März schon beendet gesehen hätten. Aber wenn sich die Befürchtung mancher Beobachter nicht bewahrheitet, dass Bush seine Kritiker nur hinhalten will, könnte es demnächst die US-Regierung aufgeben, die Debatte über konkrete Termine zu verweigern.
Voraussetzung dafür - das hat Bush selbst immer wieder betont - sind Fortschritte im Irak. Der Präsident versucht, solche zu finden: Mit seinem Besuch in der Sunniten-Provinz Anbar wollte er demonstrieren, dass die Strategie aufgeht, die dortigen aufständischen Clan-Fürsten zu Verbündeten im Kampf gegen Al-Kaida zu machen. Solche Ansätze werden vermutlich auch nächste Woche gelobt, wenn, möglicherweise am symbolträchtigen 11. September, Petraeus und der US-Botschafter im Irak, Ryan Crocker, vor dem Kongress ihren Bericht über die Lage abgeben werden.
Vermutlich werden sie aber gleichfalls darauf hinweisen, dass die Aussöhnung von Sunniten, Schiiten und Kurden mehr als mangelhaft voranschreitet. Dies ist auch der zentrale Kritikpunkt des US-Rechnungshofes, der die Irak-Politik von Bush kritisiert. Nur 3 der 18 Vorgaben, die der Kongress als Fortschrittsmaßstab aufgestellt hat, seien vollständig, vier weitere teilweise erfüllt.
Der irakische Premier Nuri al-Maliki, Führer der Parlamentsmehrheit, versuchte die Bedenken schon im Vorfeld zu zerstreuen: Demnächst solle das langerwartete Gesetz beschlossen werden, das auch ehemaligen Anhängern von Saddam Hussein die Rückkehr in Verwaltungsjobs ermöglicht. Vielleicht führt dies Bush zu dem optimistischen Schluss, dass der Versöhnungsprozess zwischen den Irakern bereits stattfindet.
Die Sunniten selbst sehen das Glas hingegen nicht halb voll, sondern halb leer: Ihre zweitgrößte Parlamentsfraktion boykottiert die Regierungsarbeit, fordert den Rücktritt Malikis und seinen Ersatz durch den säkularen Schiiten Iyad Allawi. Dieser war 2004 von den USA als Übergangspremier des Irak installiert gewesen.
Beobachter fragen allerdings, ob die nun gepriesene Loyalität der Sunniten von Dauer ist. Die von den USA erhaltenen Waffen könnten in einem Bürgerkrieg gegen die Schiiten eingesetzt werden. Senator Richard Lugar, Außenpolitiker Republikaner, fragt denn auch, ob die verschiedenen Gruppen überhaupt eine einheitliche irakische Nation wollen: "Wenn nicht, haben wir ein schreckliches Problem". Seite 8