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Das Handy wird zum Einkaufsguide

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft
Der ÖAMTC-Benzinpreisfinder fürs iPhone verzeichnet 90.000 Downloads. Foto: ÖAMTC

Mobile Marketing: "Apps sind derzeit der letzte Schrei." | Firmen nutzen das Handy als Gutschein. | Wien. Vom mobilen Lonely- Planet-Reiseführer über die Buchung eines Lufthansa-Flugtickets bis zur Präsentation der neuen Handtaschenkollektion von Zara am Handy - mit dem Vormarsch des mobilen Internet nutzen Firmen das Handy, um direkt mit Kunden in Kontakt zu treten.


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Der große Vorteil von Mobile Marketing: Das Handy ist ein sehr persönliches Kommunikationsmittel. Die Nutzer haben es fast immer dabei und schenken ihrem Mobiltelefon hohe Aufmerksamkeit.

Vor zehn Jahren begannen heimische Firmen mit Handy-Marketing - über Werbung und Gewinnspiele per SMS. "Zurzeit sind Applikationen für Smartphones wie das Apple iPhone der letzte Schrei", sagt Harald Winkelhofer, Geschäftsführer der Agentur IQ Mobile. Getrieben wird diese Entwicklung durch den Siegeszug der kleinen Multifunktionsgeräte.

Bereits jeder dritte Handykunde ab 12 Jahren, also rund 2,1 Millionen Österreicher, nutzen Smartphones, wie die Social Impact Studie der GfK Austria im Auftrag von A1 ergeben hat. 85 Prozent der Befragten haben Applikationen im Einsatz. Pro Monat lädt jeder davon 3,4 Applikationen auf sein Handy und nutzt durchschnittlich sieben Apps regelmäßig.

Die werbenden Unternehmen verfolgen mit den Apps unterschiedliche Zwecke: Einige nutzen die Applikationen aus Imagegründen und stellen ihre neuen Produkte vor. Andere bieten ihren Kunden ein Zusatzservice - so hat die Outdoor-Marke Mammut etwa eine App für Wintersportler und Alpinisten mit eingebautem Kompass entwickelt, die die Hangneigung und die Höhe misst.

Sind Apps nur ein Hype?

Eine der erfolgreichsten Apps in Österreich ist der Benzinpreisfinder des Autofahrerclubs ÖAMTC. Diese iPhone-Anwendung ermittelt mittels GPS den Standort des Nutzers und zeigt die billigsten Tankstellen in der Umgebung. Seit dem Start im Dezember 2009 wurde die App bereits 90.000 Mal im Apple Store heruntergeladen.

Herold bietet seit Herbst 2009 sein Telefonbuch und die Gelben Seiten als Anwendung fürs iPhone an und verzeichnet bisher 71.000 Downloads.

Billig ist die Entwicklung einer Applikation nicht: Zwischen 2000 und 90.000 Euro kostet die Entwicklung - je nach der technischen Raffinesse, die dahintersteckt. Für andere Smartphones von Blackberry, Nokia und Sony muss das Programm allerdings "übersetzt" werden. "Derzeit ist das noch das Hinkebein für mobiles Marketing", sagt Winkelhofer.

Da die meisten Apps zu Marketingzwecken kostenlos sind, refinanziert sich eine Applikation nicht innerhalb kurzer Zeit. Geld können die Firmen mit dem Verkauf von Werbeflächen in der App an andere Werbepartner einnehmen. "Das ist aber noch ein neues Feld", sagt Gerald Tauchner, Geschäftsführer der Mobile Marketing-Agentur Dimoco. Der ÖAMTC überlegt etwa, künftig Werbung in seiner App zu schalten. "In erster Linie sehen wir die App aber als Kundenservice", sagt Martin Paweletz, Leitung ÖAMTC Medien. Weitere Applikationen - etwa zur schnelleren Hilfe bei einer Autopanne - sollen noch heuer folgen.

Sind Apps nur ein Hype, oder werden sie auch in einigen Jahren noch benutzt? Winkelhofer geht davon aus, dass der Hype um Applikationen zur Unterhaltung und zum Spielen abflachen wird. "Apps mit Zusatzfunktion werden es hingegen schaffen", ist Winkelhofer überzeugt. "Nur wenn die Apps den Kunden einen Mehrwert bieten - wie Information oder Service -, dann beschäftigt sich ein Nutzer länger damit", sagt Tauchner. Auch Paweletz erwartet, dass mobile Anwendungen eine große Zukunft haben - aber nur wenige die Bedürfnisse des Nutzers treffen.

Derzeit werden rund 30 Prozent des gesamten heimischen Mobile Marketing-Budgets für Apps ausgegeben, schätzt Winkelhofer. Zahlen, wie groß der gesamte heimische Mobile Marketing-Markt ist, gibt es allerdings nicht. 30 bis 40 Prozent des Budgets gehen in eigene mobile Internetportale - so kann man auf der Lufthansa-Seite am Handy unter anderem Flugtickets buchen, einchecken und sich über den aktuellen Flugstatus informieren.

Nach wie vor werden noch 40 Prozent für SMS-Dienste und Gewinnspiele investiert. Denn nicht jede Firma braucht eine App: "Wenn ein Unternehmen die Masse erreichen will, ist eine Ansprache per SMS besser", sagt Tauchner.

Mobile Couponing

Großteils nutzen die Firmen das Handy dabei als Gutschein (Mobile Couponing). Dazu wird ein SMS mit Code verschickt - das ist für die Firmen einfacher und günstiger als eine App und funktioniert auf jedem Handy. Oder die Nutzer fotografieren einen Quick Response (QR)-Code und lösen diesen im Geschäft als Gutschein ein. Auch die Rewe-Eigenmarke Clever druckt in ihren Printanzeigen QR-Codes ab. Wenn die Nutzer ihn abfotografieren, können sie eine mobile Einkaufsliste erstellen und diese mit anderen bei gemeinsamen Einkäufen teilen.

Ein Trend ist neben dem Bestellen im mobilen Internet das Bluetooth-Marketing: Geht ein Nutzer etwa die Mariahilfer Straße entlang und hat die Bluetooth-Funktion am Handy aktiviert, so sendet ein Hotspot im Schaufenster eine Anfrage, ob er Informationen schicken darf. Wenn er die Erlaubnis vom Nutzer bekommt, so kommt ein Gutschein oder ein Sonderangebot aufs Handy.

Die Frage um Erlaubnis (Permission Marketing) ist zum Schutz des Konsumenten im Telekommunikationsgesetz verankert. Firmen sollten ihre Kunden also nicht mit Infos bombardieren. "Das Handy ist etwas sehr Persönliches, daher akzeptieren die Konsumenten mobiles Marketing nur, wenn es ihnen etwas bietet", sagt Winkelhofer. Will ein Kunde keine Informationen mehr bekommen, so muss er sich schnell und einfach abmelden können - via SMS mit "Stopp".