Oberösterreich ist als einziges Land säumig - heftige Kritik von Erwin Pröll.
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Wien. Auf das Abspielen der Bundeshymne wurde zwar verzichtet, sonst aber fehlte es nicht an Pathos, als Innenministerin Johanna Mikl-Leitner am Freitag verkündete, dass acht von neun Bundesländern die im Oktober versprochene Anzahl von Asylunterkünften nun tatsächlich anbieten. "Es ist ein wahrlich guter Tag für das Land, ein historischer Moment", sagte Mikl-Leitner.
Ihr zur Seite stand Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll, der sie einst in die Politik geholt hatte. Prölls Einschätzung des hart erkämpften Ergebnisses klang anders, weit weniger bedeutungsschwer: "Es ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, aber das endgültige Ziel ist nicht erreicht", erklärte Pröll, dem das Timbre eines Wutbürgers in der Stimme lag.
Die so unterschiedliche Bewertung hat eine Geschichte. Denn Mikl-Leitner traf in den Verhandlungen mit den Ländern immer wieder auf eine Wand des Unwillens: "Im Juni waren in Traiskirchen schon 500 Asylwerber zuviel untergebracht, im Oktober 900. Es hat laufend Gespräche gegeben, aber passiert ist nichts." Im Oktober berief sie einen Asylgipfel ein, bei dem die Länder die Erfüllung von zumindest 88 Prozent der ursprünglich vereinbarten Anzahl von Plätzen versprachen. Und doch waren weitere Verhandlungen und Druckmittel des Innenministeriums nötig, damit - unmittelbar vor Ablauf der vereinbarten Frist am 30. November - acht von neun Bundesländern ihre Quote nun auch wirklich erfüllen. Anfang der Woche sah es nicht einmal danach aus, am Ende blieb aber dann doch nur Oberösterreich als einziges säumiges Bundesland übrig. Erst in zwei Wochen sollen dort die nötigen Unterkünfte zur Verfügung stehen. Bis dahin bringt der Bund die Flüchtlinge in Privatquartieren und in Einrichtungen des Integrationsfonds in Linz unter.
"Gutmütigkeit missbraucht"
Während Mikl-Leitner mit großer Anstrengung die kleine Lösung (88-Prozent-Quote) durchbrachte, ärgert sich Pröll nach wie vor über die Säumigkeit anderer Länder. Niederösterreich trage seit Jahrzehnten durch Traiskirchen die Hauptlast, "doch unsere Gutmütigkeit wird von anderen Bundesländern missbraucht". Es sei "eigenartig", so Pröll, "wenn politische Verantwortliche Abkommen unterschreiben, sie aber nicht umsetzen". Erneut warnte er vor der Schließung des Erstaufnahmezentrums und schoss sich auch gezielt auf Oberösterreichs Landesrat Josef Ackerl (SPÖ) ein: "Mit Worten ankündigen, in Wahrheit wegsehen, das ist nicht das Gelbe vom Ei."
Kritik an dem für Asyl-Agenden zuständigen oberösterreichischen Landesrat kam auch von Ackerls Parteikollegen Fritz Knotzer, dem Bürgermeister von Traiskirchen: Wenn er nicht damit zurechtkomme, solle Ackerl seine Kompetenzen abgeben, meinte Knotzer.
Ackerl verwies darauf, dass Oberösterreich viele Jahre die Quote stets übererfüllt habe, doch einst genützte Quartiere stünden nun nicht mehr zur Verfügung. Die Suche nach neuen Unterkünften habe sich schwierig gestaltet, die Situation am Wohnungsmarkt sei eines der Probleme, Preiserhöhungen von Vermietern ein anderes. "Die Erhöhungen haben auch mit dem öffentlichen Druck zu tun", so Ackerl.
Aufregung bei Asylwerbern
Mikl-Leitner hofft, dass die Bundesländer bis Sommer dann auch die restlichen 12 Prozent der einst vereinbarten Asylplätze anbieten, andernfalls will sie über einen gesetzlichen Automatismus bei der Unterbringung diskutieren. Pröll kann sich auch eine Bestrafung von säumigen Ländern via Finanzausgleich vorstellen.
Dass nun, kurz vor Ablauf der Frist, die meisten Bundesländer doch noch Plätze gefunden haben, führt in Traiskirchen zur Verlegung von hunderten Flüchtlingen innerhalb weniger Tage. Unter den Asylwerbern herrscht deshalb große Aufregung. Sie wissen teilweise nicht, wohin sie verlegt werden, Gerüchte machen die Runde, viele haben Angst, in sehr abgelegene Häuser zu kommen, wo ein Sozialleben außerhalb der Betreuungseinrichtung fast unmöglich wäre. Das Protestcamp in Wien soll deshalb vorerst weiter bestehen bleiben.