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Das harte Duell um Wien steht bevor

Von Christian Rösner

Politik

2010 wird gewählt, doch der Wahlkampf hat schon begonnen. | Alles spitzt sich auf Häupl gegen Strache zu. | Wien. Auch wenn es von der Wiener SPÖ immer wieder abgestritten wird: In Wien hat der Wahlkampf für die Gemeinderatswahl 2010 längst begonnen. Zur Veranschaulichung: Die politischen "Highlights" aus dem Jahr 2008 waren Gebührenerhöhungen, Psychiatrie-Skandal, Straßenbahnunfälle, das Chaos bei der Gestaltung des Prater-Vorplatzes - und die Zurückhaltung des Bürgermeisters Michael Häupl (SPÖ) zu diesen Themen.


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Dazu der Vergleich mit den ersten vier Monaten dieses Jahres: Konjunkturpaket angesichts der Finanzkrise, Ordnungsberater für die Wiener Gemeindebauten, Gratiskindergärten ab Herbst, der "freiwillige" Rücktritt einer jahrelang im Kreuzfeuer der Kritik stehenden Vizebürgermeisterin. Und ein neuer Landesparteisekretär, der groß angelegte Informationsoffensiven vorbereitet.

"Law and Order"

Dabei war der Bürgermeister davor immer gegen eine "Law and Order"-Politik aufgetreten, Gratiskindergärten waren 2008 noch "unleistbar" beziehungsweise "sozial unausgewogen", und für Grete Laska war er stets in die Bresche gesprungen: "Ich habe nicht die geringste Vorstellung davon, weshalb ich vorschlagen sollte, sie abzuberufen", meinte er im September 2008. Und das, obwohl der politische Druck auf Laska angesichts der Causa Riesenradplatz stärker geworden war.

Der Grund, dass binnen kürzester Zeit alles anders gekommen ist, liegt freilich in der Interpretation des Betrachters: Bei der SPÖ beteuert man, dass es nur um den Dienst an der Wiener Bevölkerung geht. Regeln müssten eben von allen eingehalten werden, betonte Häupl angesichts seines Vorstoßes in Sachen Ordnungskräfte. Das Geld für die Gratiskindergärten habe man vorausschauender Finanzpolitik zu verdanken und die soziale Ausgewogenheit sei durchaus gegeben, "denn ich glaube nicht, dass ein Generaldirektor seine Kinder in einen städtischen Kindergarten steckt", so Häupl.

Und ihren Rücktritt begründete die 57-jährige Grete Laska damit, dass sie künftig hauptberuflich Großmutter sein wolle. Auch Häupl wies Spekulationen über einen politischen Hintergrund zurück: "Ich bin es ein bisschen leid, dass man persönliche Entscheidungen nicht zur Kenntnis nehmen will."

Für die FPÖ ist hingegen klar, dass mit den "Ordnungshütern" und Gratiskindergärten alte FPÖ-Forderungen umgesetzt würden. Den Rücktritt von Laska sieht die Opposition als "logische Konsequenz aus den von ihr zu verantwortenden Flops der letzten Monate". Das Spektrum reiche vom Riesenradplatz bis hin zum "Finanzdebakel EM-Fanzone Hanappi-Stadion". Somit gibt es laut Opposition mit Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely für die SPÖ nur noch eine umstrittene Position in der roten Stadtregierung.

Vergleicht man also die Jahre 2008 und 2009, könnte man diesen Paradigmenwechsel bei der SPÖ wohl auch als eine durchaus von langer Hand geplante (Wahlkampf-)Strategie darstellen. Und zwar mit dem Bestreben, alles Unerfreuliche noch im Jahr 2008 untergebracht zu haben und ab 2009 der Opposition systematisch die relevanten Themen abzugraben - was zumindest bei der derzeit nach Argumenten ringenden ÖVP vorerst einmal gelungen ist.

Und Johannes Hahn, der sich ohnehin selbst am besten als Wissenschaftsminister gefällt, wird daran so schnell nichts ändern können. Denn es ist ein weiter Weg von der hohen Wissenschaft in den Gemeindebau, mit all seiner Migrantenproblematik, die im Wahlkampf von der FPÖ stark thematisiert werden wird.

Heinz-Christian Strache sieht sich daher folgerichtig bereits als "heimlicher Bürgermeister", weil die SPÖ jetzt "alle FPÖ-Forderungen erfüllt". Und die steigende Kriminalitätsrate schenkt seinen fremdenfeindlichen "Law and Order"-Argumenten die Aufmerksamkeit der Bevölkerung. Noch hat sich zudem die Finanzkrise zumindest im ersten Quartal nicht auf die Arbeitslosen-Statistik ausgewirkt, was von der SPÖ als Erfolg des Konjunkturpaketes gefeiert werden kann - noch.

Spielt die Basis mit?

Das alles wissen die Roten natürlich - und können daher Strache nicht länger ignorieren. War vor den letzten Wiener Wahlen noch die Taktik "FPÖ gibt´s nicht" angesagt, so hat Häupl inzwischen zwangsläufig erkennen müssen, dass Strache mit seiner Ausländerhetze sehr wohl Anklang bei der Bevölkerung findet. Die Schönredereien der SPÖ in ihrem absoluten Mehrheits-Höhenflug hat sie teils der Gefolgschaft ihrer treuesten Basis beraubt. Und so muss sich Michael Häupl nun doch auf Augenhöhe mit Strache begeben und den Fehdehandschuh aufheben.

Wobei auch hier das Wort Augenhöhe eine Interpretationsfrage ist: Bis zum Parteivorsitz Werner Faymanns galt Häupl als der starke Mann in der SPÖ. "Augenhöhe" bedeutete für Häupl zu blau- beziehungsweise orange-schwarzen Zeiten, Wolfgang Schüssel zu kritisieren - womit er sich größer machte, als er eigentlich war. Andere Gegner gab es kaum. Lediglich beim Amtsantritt musste sich Häupl irgendwie mit Bernhard Görg arrangieren. Aber das wird mit Strache nicht möglich sein.

Die Frage ist also, ob es für Häupl mental zu bewältigen sein wird, sich auf "Augenhöhe" mit Strache in den Infight um den Gemeindebau zu begeben. Denn auch wenn es kaum eine Partei zugeben will: Bei der Wahl geht es um eines: Häupl oder Strache.