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Das antisemitische Werk und Ankaras Beitrag: Erdogans Mitschuld an antijüdischen Exzessen in Europa.
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Beim Sammeln von Stimmen für die Präsidentenwahl in der Türkei am 10. August ist Premier Recep Tayyip Erdogan offenbar kein Mittel zu unanständig, solange es nur wirkt. Nicht anders ist zu erklären, dass er dieser Tage allen Ernstes erklärte: "Israel tut den Palästinensern viel Schlimmeres an, als Hitler ihren Vorfahren angetan hat. Natürlich sind wir gegen Hitlers Grausamkeiten. Wir sind gegen den Antisemitismus. Nur muss jeder wissen, dass wir auch gegen Israels Terror sind, der in Hitlers Fußstapfen tritt."
Das hätte NS-Propagandaminister Joseph Goebbels nicht besser formulieren können, in dessen Fußstapfen Erdogan damit tritt. Das würde in Österreich möglicherweise den Straftatbestand der Verhetzung erfüllen - und kommt bei Teilen der türkischen Bevölkerung, wo fast jeder Zweite in Umfragen angibt, Juden nicht als Wohnungsnachbarn haben zu wollen, ganz wunderbar an. Und das nicht nur in der Türkei selbst. Seit Erdogan Israel "schlimmer als die Nazi-Diktatur" genannt hat, nehmen erstmals in Deutschland und Frankreich Türkischstämmige in nennenswerter Anzahl an antisemitischen Ausschreitungen eines gewaltbereiten Mobs teil; laut Polizei waren auch die meisten der in Bischofshofen gegen israelische Fußballer randalierenden Antisemiten türkischstämmige Österreicher.
Erdogans Botschaft ist also durchaus angekommen.
Mit dankenswerter Ehrlichkeit beweist er damit: Die Türkei hat in absehbarer Zukunft nichts, aber auch gar nichts in der EU verloren. Ein Staat, dessen Regierungschef unter dem Beifall des Großteils der Bevölkerung den Holocaust relativiert und Auslandstürken indirekt ermuntert, sich gegen Juden zu wenden, steht in diametralem Gegensatz zu den Werten der EU.
Doch deren Spitzen behandeln Erdogan leider wie einen etwas verhaltensauffälligen, aber letztlich völlig harmlosen Nachbarbuben, der "ja nur spielen will". Nach wie vor ist die Türkei Beitrittskandidat, auch wenn sich die Verhandlungen reichlich zäh gestalten.
Das hat übrigens auch zur Folge, dass Europas Steuerzahler die Türkei ganz ordentlich alimentieren dürfen. "Als Beitrittskandidat erhält die Türkei Mittel aus der Heranführungshilfe IPA (Instrument for Pre-Accession Assistance). Für den Förderzeitraum 2007 bis 2013 sind insgesamt rund 4,9 Milliarden Euro vorgesehen. Auch im Rahmen des Nachfolgeinstruments IPA II sind im Zeitraum 2014 bis 2017 rund 2,6 Milliarden Euro Fördermittel vorgesehen. Die Türkei kann ferner Darlehen der Europäischen Investitionsbank erhalten," erläutert das deutsche Außenamt die breiten Geldströme aus Europa.
Dass in Österreich an den Schulen bei der Begabtenförderung gespart wird, weil angeblich zu wenig Geld da ist, sich aber gleichzeitig der Holocaust-Relativierer Erdogan Jahr für Jahr einen fetten Scheck in Brüssel abholen kann, für den auch Österreichs Steuerzahler aufkommen, dafür wird der Wähler sicherlich ganz besonders viel Verständnis aufbringen. Dass Erdogan einen substanziellen Beitrag dazu leistet, antisemitische Stimmungslagen seiner Landsleute in Europa aufzuheizen, ist übel genug. Dass die EU so jemandem auch noch das Geld der europäischen Steuerzahler nachwirft, ist ein Unfug, der besser heute als morgen abzustellen ist.