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Das Höchstgericht hat gesprochen - und keiner kennt sich aus. So könnte man die Situation nach dem Beschluß des Verfassungsgerichtshofes *) beschreiben, der sich mit der steuerlichen | Versagung des häuslichen Arbeitszimmers eines Steuerzahlers beschäftigt hat. Vielmehr: nicht beschäftigt hat, denn mit einer kryptischen Begründung wurde die Behandlung des Themas durch die Richter | überhaupt abgelehnt. Weil hierzu keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bestünde, heißt es in der Aussage des Gerichtshofes.
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Die anteiligen Kosten eines Arbeitszimmers im häuslichen Wohnungsverband gehören zu jenen Steuerabsetzposten, die dem "Sparpaket" von 1996 zum Opfer gefallen sind. Seit Geltung des
Strukturanpassungsgesetzes werden diese Ausgaben (ebenso wie die bezüglichen Investitionskosten) steuerlich nur mehr dann anerkannt, wenn der Raum "den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und
beruflichen Tätigkeit eines Steuerpflichtigen" bildet. Bei bloß nebenberuflicher Nutzung eines Büroraumes daheim scheiden die anteiligen Ausgaben bei der steuerlichen Gewinnermittlung daher aus.
Die umstrittene 50/80%-Klausel
Die Abgrenzung zwischen dem Begriff "Mittelpunkt" und einer mehr untergeordneten Nutzung läßt sich aus dem Gesetz direkt nicht entnehmen. Vielmehr hat die Finanzverwaltung in einem ausführlichen
Erlaß eine solche Abgrenzung versucht. Demnach ist ein "Mittelpunkt" nur dann gegeben, wenn die berufliche (betriebliche) Tätigkeit dort zu mehr als 50% ausgeübt wird und dort mehr als 80% der
Arbeitseinkünfte geschaffen werden.
Während diese Kriterien bei einem nur zu Hause arbeitenden Kleingewerbetreibenden oder Freiberufler vorstellbar sind, trifft dies vor allem bei der großen Zahl nebenberuflich tätiger Dienstnehmer
kaum zu, weil deren Nebeneinkünfte im Vergleich zu den gesamten Erwerbseinkünften im Regelfall die 80%-Hürde nicht schaffen.
Der Dienstnehmer als Verlierer
Selbst Dienstnehmer (neuerdings auch die sogenannten "Teleworker"), die zulässigerweise ihre Berufsarbeit (auch) zuhause ausüben dürfen, finden vor der Finanz keine Gnade, weil - so die häufigste
Begründung - im Betrieb des Dienstgebers ohnehin ein Arbeitsplatz zur Verfügung steht.
Als besondere Schwachstelle des Erlasses wird auch bedauert, daß die 80%-Regel sogar bei nebenberuflich tätigen Pensionisten auf deren Gesamteinkommen projiziert wird, obgleich die darin enthaltenen
Pensionsbezüge wohl nicht als "Erwerbseinkünfte" anzusehen sind.
Der bloß erlaßmäßig festgeschriebene 80%-Maßstab ist jedenfalls für zahlreiche Dienstnehmer mit häuslich erarbeiteten Nebeneinkünften zum steuerlichen Ärgernis geworden. So auch für einen Salzburger
Dienstnehmer, der neben seinen Gehaltsbezügen Nebeneinnahmen als Sachverständiger ins Verdienen bringt. Sein Arbeitsraum daheim wird seit 1996 steuerlich nicht mehr anerkannt.
Eine unsachliche Differenzierung?
Der Mann, ein höherer Finanzbeamter übrigens, der solcherart gegen die Rechtsansicht seiner ministerialen Chefs revoltierte, kämpfte sich durch die abweisenden Instanzen durch und erhob gegen die
seiner Meinung nach verfassungswidrige Dienstanweisung der Verwaltung Verfassungsbeschwerde. Mit diesen Argumenten:
Die Rechtsansicht des Ministerialerlasses gehe über die gesetzlichen Vorschriften hinaus. Der weisungsungebundene Berufungssenat hätte den Erlaß eigentlich gar nicht berücksichtigen dürfen.
Man kann die nichtselbständigen und die selbständigen Einkünfte bei der Beurteilung eines Arbeitszimmers (für die 80%-Ausmessung) nicht zusammenfassen.
Schließlich sei die gesetzliche Bestimmung überhaupt verfassungswidrig, weil sie die steuerliche Berücksichtigung davon abhängig mache, ob ein Arbeitszimmer im Betrieb oder beim Steuerzahler zuhause
genutzt würde; dies sei unsachlich.
Eine zulässige Durchschnittsregelung
Die Verfassungsrichter gingen freilich auf die Beschwerdepunkte des Salzburgers nur kursorisch ein. Der Erlaß werde in dem abweisenden Steuerbescheid gar nicht expressis verbis genannt; daher
könne er nicht beschwerderelevant sein, sagten sie (obgleich sich die Begründung des Berufungssenats natürlich eindeutig aus diesem Erlaß ableitete). Und auch verfassungsrechtlich bestünden gegen die
eingeschränkte Arbeitszimmerregelung keine Bedenken. Schon in einem früheren Erkenntnis hätten die hohen Richter ja einer gesetzlichen Durchschnittsregelung ihre Zustimmung gegeben, selbst wenn durch
eine solche Regelung in Grenzfällen Härten entstanden seien. Die gesetzliche Arbeitszimmerregelung sei eine solche - akzeptable - Durchschnittsregelung. Schluß der Debatte.
Die knappe und inhaltlich ablehnende Aussage des Höchstgerichts hat selbst im Finanzministerium Überraschung ausgelöst, weil sie sich um die eigentliche Kernfrage (ist die ministerielle Rechtsansicht
zur 50/80% - Ausmessung nun rechtlich haltbar oder nicht) herumgewunden hat.
Warten auf den Verwaltungsgerichtshof
Martin Atzmüller, Referent im Ministerium, bedauert in einer ausführlichen Rezension (Recht der Wirtschaft, Heft 8a/1998) die "formelhafte Begründung des Beschlusses", weil sie "wenig Transparenz"
enthält. In milder Beamtensprache zaust er die VfGH-Ansicht als "nicht so recht einsichtig", hält sie sogar für widersprüchlich. Es fehle in der "knapp gehaltenen Begründung eine gesicherte Aussage".
"Da die Angelegenheit auch nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen ist, sieht der Verfassungsgerichtshof von einer Behandlung der Beschwerde ab und tritt sie dem
Verwaltungsgerichtshof ab", heißt es in dem VfGH-Beschluß. Atzmüller erwartet sich davon "eine Aussage des VwGH". Freilich kaum eine, mit dem der Salzburger Kollege zufrieden sein wird.
) GZ B 3172/97
v. 24.6.1998 5