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Das Herz des "neuen" Europas schlägt deutlich für die USA

Von Thomas Brey

Politik

Albaniens Vize-Außenminister Luan Hajdaraga wird vielleicht Gouverneur im irakischen Basra. Der frühere polnische Vizeregierungschef Marek Belka soll den US-Zivilverwalter Paul Bremer in Bagdad beraten. Polen ist eingeladen, mit Tausenden Soldaten einen von drei oder vier Sektoren im Nachkriegs-Irak zu sichern. Bulgarien, Ungarn, Rumänien, die Slowakei und die baltischen Staaten sind zur Beteiligung am Wiederaufbau des Irak aufgerufen. Die Zeichen sind klar: Die USA belohnen die "Koalition der Willigen" und hadern mit traditionellen Verbündeten wie Frankreich und Deutschland.


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Die neuen Verbündeten empfangen die Supermacht ohne Wenn und Aber mit offenen Armen. So reisten etwa die Außenminister Kroatiens und Mazedoniens Anfang des Monats gern nach Tirana, um dort gemeinsam mit ihrem albanischen Amtskollegen US-Außenminister Colin Powell bei einem dreistündigen Zwischenaufenthalt zu sprechen. Die enge Zusammenarbeit mit den mittel- und osteuropäischen Ländern bringt auch manchen Auftrag für die US-Rüstungsindustrie. Gerade hat Polen für 3,5 Milliarden Dollar F-16 Kampfjets bestellt.

Die USA erhalten von ihren neuen Freunden auch Unterstützung in ihrer Ablehnung des Internationalen Strafgerichtshofes (ICC). Zuletzt hat sich Albanien vertraglich verpflichtet, keine US-Bürger an den ICC auszuliefern. Tirana hat sich damit in die Gruppe von 32 Staaten eingereiht, die US-Staatsbürger der "Weltjustiz" entziehen wollen.

Die Amerikaner stoßen auf viel Gegenliebe, weil das Herz des "neuen" Europas ganz offensichtlich laut für Amerika schlägt. Die USA gelten in der Mehrzahl dieser Länder als Vorbild. Die im "alten" Europa oft kritisierte "Politik nach Cowboy-Art", das politische Denken in Schwarz-Weiß und im Freund-Feind-Schema, kommt bei den Ländern im früheren kommunistischen Machtbereich dagegen an.

Viele Politiker im "neuen" Europa lassen durchblicken, dass sie die Europäische Union mit ihrem Streben nach Konsens und Harmonie für wenig effektiv und daher nicht besonders attraktiv halten. So ist in Albanien die Meinung verbreitet, dass nur die USA ihren Landsleuten im Kosovo und Mazedonien mehr Rechte bringen können, während die Europäer in diesen Fragen auswichen. Die Polen können sich im Irak sogar als Führungsmacht fühlen, die dort gern unter ihrem Kommando deutsche und dänische Truppen sähen. Der politische Aufstieg durch internationale Militäreinsätze scheint relativ günstig zu sein. Jedenfalls hat Washington den Polen, Albanien, Estland, Rumänien und Albanien die weitgehende Übernahme der Kosten zugesagt.

Besonders attraktiv ist in Mittel- und Osteuropa die Aussicht auf Truppenstandorte, die vor allem durch Verlegung von US-Truppen aus Deutschland entstehen sollen. Eine US-Delegation hat jetzt in Rumänien geeignete Plätze gesucht. Westpolen kommt dafür in Frage. Albanien hofft auf Zuschlag für seine Adriahäfen. Und Bulgarien hat mit Schabla am Schwarzen Meer, Koren im Südosten, Rawnez bei Burgas und Novo Selo im Norden eine ganze Liste an Stützpunkten angeboten. Dazu kommt der größte Militärflughafen "Graf Ignatiewo" bei Plowdiw.