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Das historische Ende der Kalten Progression

Von Martina Madner

Politik

15 bis 20 Milliarden soll das Abschaffen der Kalten Progression kosten. 6 Milliarden Euro gibt es bereits heuer als Teuerungsausgleich.


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Mit einem 28 Milliarden großen Paket will die türkis-grüne Regierung dem "hartnäckigen Gegner der Politik", dem "größten Feind bei Entlastungsmaßnahmen" (O-Ton Bundeskanzler Karl Nehammer) bis 2026 begegnen. Es ist die Teuerung, zuletzt im Mai lag sie bei 8 Prozent. Fünf Milliarden Euro sollen die Bevölkerung als Anti-Teuerungspaket noch in diesem Jahr erreichen, unter anderem über 180 Euro in Form einer 13. Familienbeihilfe im August. Im September fließen 300 Euro für Menschen mit geringem Einkommen etwa Sozialhilfebezieher, Arbeitslose und Mindestpensionisten. Eine weitere Milliarde Euro soll heuer Unternehmen entlasten. Hier mit dabei ist eine Strompreiskompensation.

Wegen des engen Zeitplans, mit 13. Familienbeihilfe und dem höheren Absetzbetrag für Pensionistinnen und Pensionisten, ist nach Informationen der "Wiener Zeitung" noch eine Sondersitzung des Nationalrates, die möglicherweise schon nächste Woche stattfindet, notwendig. Denn mit dem Fristenlauf von den Anträgen für die geänderten gesetzlich notwendigen Grundlagen bis hin zur Kundmachung der Gesetze wären Beschlüsse in der Plenarwoche Anfang Juli zu spät, um die ersten Bevölkerungsgruppen schon im August zu entlasten.

Neben solchen kurzfristigen Maßnahmen sind langfristige, strukturelle Änderungen ab dem kommenden Jahr geplant: das Abschaffen der Kalten Progression. "Was sich Regierungen bereits seit 30 Jahren immer wieder vorgenommen haben, die Entlastung von dieser schleichenden Steuererhöhung", sagt Nehammer. Eine Maßnahme mit der sich laut Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) "Steuerreformen künftig erübrigen werden, weil sie schon durch das Zurückgeben der kalte Progression entlastet werden".

Entlastungen mit einem Volumen von 28 Milliarden bis 2026

Die Regierungsspitze sprach in einer Pressekonferenz in Superlativen. "Das Volumen ist tatsächlich riesig. Das ist keine Übertreibung oder Zuspitzung, sondern faktisch", sagte Nehammer. "Das ist echt groß, das ist ein Riesenvolumen", ergänzte Kogler.

Fast günstig muten die fünf Milliarden Euro Entlastung heuer an. Neben der 13. Familienbeihilfe sind es 300 Euro Einmalzahlung für besonders von der Teuerung Betroffene wie beispielsweise Erwerbsarbeitslose oder Menschen mit sogenannter Mindestpension. Zusätzlich zu 250 Euro Klimabonus für jeden in der Bevölkerung soll es einen ebenso 250 Euro hohen Antiteuerungsbonus Anfang Oktober, insgesamt also 500 Euro für Erwachsene geben. 

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Der Kindermehrbetrag wird auf 550 Euro jährlich erhöht. Familien, die gut genug verdienen, also genügend von versteuerbares Einkommen haben, profitieren darüber hinaus von 2.000 statt 1.500 Euro Familienbonus. Zusätzlich wird für 2022 ein Teuerungsabsetzbetrag von 500 Euro eingeführt. Alle Maßnahmen müssen im Parlament beschlossen werden. Jene, die kurzfristig wirken, werden daher schon dieser Tage eingebracht. Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) zeigte sich davon überzeugt, dass "alle diese Maßnahmen Armut bekämpfen und Armut verhindern werden".

Kalte Progression wird abgeschafft

Mit mehr Geld und langfristig werden die Lohn- und Einkommenssteuerpflichtigen ab 2023 mit der Abschaffung der kalten Progression entlastet. Insgesamt soll alleine dieser Punkt des Pakets bis 2026 je nach Inflation 15 bis 20 Milliarden Euro ausmachen.

Denn: "In Wahrheit ist es so, dass der Staat von der Teuerung profitiert, deshalb ist es eine Frage der Fairness, die Kalte Progression abzuschaffen, das ist ein Systemwechsel", begründet Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) diesen Entlastungsschritt. Man lebe in Zeiten einer dauerhaft höheren Inflation, "der Rückgang Mitte des Jahres ist nicht eingetroffen". 

Konkret sollen die Steuerstufen erstmals 2023, dann jährlich an die Inflation angepasst werden. Ausgenommen ist nur die höchste Steuerstufe, der Spitzensteuersatz von 55 Prozent, den Einkommensreiche mit über einer Million Euro zu versteuerndem Einkommen jährlich zu bezahlen haben. Die Inflation wird gemäß eines Teuerungsberichts der Wirtschaftsforschungsinstitute Wifo und IHS abgegolten. Zwei Drittel der Teuerung wird den Lohn- und Einkommenssteuerpflichtigen automatisch ersetzt, über das restliche Drittel entscheidet der Nationalrat. Damit begegne man laut Koglern kritischen Stimmen, die den Spielraum zur Umverteilung mit dem Abschaffen der Kalten Progression vermissen. Niedrigere Einkommen könnten somit auch künftig mehr entlastet entlastet werden.

Mit einer künftig geplanten jährlichen Valorisierung der Sozialleistungen und einer Lohnnebenkostensenkung hat das Paket ein Volumen von 28 Milliarden Euro.  Laut Brunner werden sich die 28 Milliarden Euro zur Hälfte durch höhere Mehrwertsteuereinnahmen aufgrund der Inflation und zu einem Drittel durch höheren Konsum finanzieren. In Summe seien das 24 Milliarden Euro.

Einige Bundesländer mit eigenen Maßnahmen

Neben dem roten Wien - das am Dienstag bereits die Ausweitung der Energieunterstützung vorgestellt hat - kündigten auch zwei schwarze Bundesländer zusätzliche Teuerungs-Hilfen an. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner wird nach dem Sommer ein Niederösterreich-Paket präsentieren. Schon bis nächste Woche will Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner weitere Akzente setzen, und zwar im Bereich der Wohnbeihilfe (keine Einmalzahlung, sondern eine strukturelle Änderung), des Familien- und des Heizkostenzuschusses und bei den Kinderrichtsätzen in der Sozialhilfe.