Die unmittelbar bevorstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament (EP) legen es nahe, einen Blick auf dieses in der Öffentlichkeit relativ unbekannte Organ zu werfen.
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Das EP besteht zur Zeit aus 785 Abgeordneten, die für fünf Jahre gewählt werden. Das Wahlverfahren richtet sich nach nationalen Wahlgesetzen, wenngleich der Rat im Juni und September 2002 erste gemeinsame Grundsätze für die Wahlverfahren in den Mitgliedstaaten festgelegt hat.
In Österreich erfolgt die Wahl auf der Grundlage des Artikels 23a B-VG, der durch die Europawahlordnung und das Europa-Wählerevidenzgesetz näher ausgeführt wird.
Die Abgeordneten üben ihr Mandat in völliger Unabhängigkeit aus und sind nach Maßgabe ihrer politischen Überzeugung und nicht nach Staatsangehörigkeit in Fraktionen zusammengeschlossen. Sie teilen sich ihre Arbeitszeit zwischen Brüssel, Straßburg und ihrem Heimatwahlkreis auf. In Brüssel nehmen sie an den Sitzungen der Ausschüsse des EP, der Fraktionen und der zusätzlichen Plenartagungen teil. In Straßburg wohnen sie zwölf Plenartagungen bei.
Kein Klubzwang
Im September 2005 wurde ein eigenes Abgeordneten-Statut angenommen, das mit Beginn der Wahlperiode 2009 in Kraft tritt.
Zur Zeit bestehen im EP sieben politische Fraktionen , die sich aus mindestens 20 Abgeordneten aus wenigstens einem Fünftel der Mitgliedstaaten zusammensetzen müssen. In den Fraktionen, die von einem Vorsitzenden und einem Vorstand geleitet werden, gibt es keinen Klubzwang. Wer keiner Fraktion angehört, ist fraktionslos oder ein "Wilder".
Im EP existieren 20 ständige Ausschüsse , die aus 28 bis 86 Abgeordneten bestehen und deren politische Zusammensetzung die des Plenums widerspiegelt. Sie treten ein- bis zweimal im Monat in Brüssel zusammen und bereiten die Arbeit im Plenum vor. Daneben gibt es noch nicht-ständige Ausschüsse, Unterausschüsse und Untersuchungsausschüsse.
Das EP verfügt gegenwärtig über 34 Delegationen , die Beziehungen zu Parlamenten dritter Staaten unterhalten. Sie bestehen jeweils aus etwa 15 Abgeordneten und lassen sich in vier Kategorien einteilen: Interparlamentarische Delegationen, gemischte parlamentarische Ausschüsse, Delegation des EP in der Paritätischen AKP-Versammlung und Delegation des EP in der Parlamentarischen Versammlung Europa-Mittelmeer. Ihre Tätigkeit wird in der Konferenz der Delegationsvorsitzenden koordiniert.
Der Präsident des EP wird für die halbe Mandatsdauer, das heißt für zweieinhalb Jahre, gewählt und ist wiederwählbar. Er wird von 14 Vizepräsidenten unterstützt, leitet die Arbeiten des EP und vertritt es auch nach außen. Er ist Vertreter des EP in allen Rechtsangelegenheiten und unterzeichnet - gemeinsam mit dem Ratsvorsitzenden - alle Rechtsakte, die im Verfahren der Mitentscheidung verabschiedet werden.
Die Konferenz der Präsidenten umfasst neben den (Vize-)Präsidenten des EP auch die Vorsitzenden der Fraktionen. Sie beschließt die Organisation der Arbeiten des EP sowie alle Fragen in Zusammenhang mit der Legislativplanung.
Das Präsidium besteht aus dem Präsidenten, den 14 Vizepräsidenten und sechs Quästoren mit Beobachterstatus. Die Quästoren werden ebenfalls für die Dauer von zweieinhalb Jahren vom Plenum des EP gewählt und sind für verwaltungstechnische und finanzpolitische Angelegenheiten zuständig.
Das Generalsekretariat umfasst derzeit etwa 5500 Beamte, die durch Auswahlverfahren in allen Mitgliedstaaten eingestellt werden und die unter der Aufsicht des Generalsekretärs stehen. Das Generalsekretariat hat unter anderem für die Übersetzung sämtlicher Dokumente des EP in alle 23 Amtssprachen zu sorgen.