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Kärnten braucht dringend frisches Geld vom Bund, sonst droht in wenigen Wochen die Pleite.
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Wien. Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser beneidet heute wohl niemand um seinen Job. Dem Land gehen die Finanzmittel aus; Kärnten braucht dringend 343 Millionen Euro. Am heutigen Donnerstag reist die gesamte Landesregierung nach Wien, um mit Bundeskanzler Werner Faymann, Vize Reinhold Mitterlehner und Finanzminister Hans Jörg Schelling die Konditionen für eine Finanzierung Kärntens zu besprechen. "Ich erwarte mir, dass wir auf Augenhöhe verhandeln", sagt Landeshauptmann Peter Kaiser zur "Wiener Zeitung". Aus eigener Kraft kann das Bundesland seine Liquidität höchstens bis Ende Mai noch halten. Danach droht die Pleite.
Den Großteil des Geldes braucht Kärnten, um Altlasten zu begleichen. 40 Millionen werden für die Hypo-Pfandbriefstelle benötigt, 180 Millionen für die Schuldentilgung und die restlichen rund 120 Millionen für laufende Neuverschuldungen und zur Liquiditätssicherung. Das Geld dafür soll über die Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) kommen, also vom Bund.
Die 343 Millionen wird es jedenfalls nicht umsonst geben. Zwar wurde im Vorfeld der Verhandlungen Stillschweigen über die Konditionen vereinbart. Im Finanzministerium möchte man das Treffen vorab nicht kommentieren. Allerdings polterte FP-Landesrat Christian Ragger schon am Dienstag, dass das Land unter "Knebelkuratel" stehe und Kärnten quasi entmachtet werde, sollte die Landesregierung den Bedingungen für die Finanzierung zustimmen. Laut APA erwägt die Regierung etwa, einen Aufsichtskommissär einzusetzen.
Im Rahmen der Verhandlungen dürfte wohl auch die Frage diskutiert werden, ob das Land Anteile am Energieversorger Kelag verkauft und ob der Kärntner Zukunftsfonds geöffnet wird. Dort liegen nämlich 500 Millionen Euro - die Erlöse aus dem Verkauf der Hypo Alpe Adria an die BayernLB sowie die Haftungsprovisionen. "Wir sind bereit, über alles zu reden", sagt Kaiser.
Für Kärntens Notlage macht die jetzige Landesregierung die Vorgängerregierungen unter dem verstorbenen Jörg Haider, die Heta und den Umgang mit ihr verantwortlich. Finanzminister Schelling hat ein einjähriges Zahlungsmoratorium verhängt und angekündigt, dass der Bund nicht mehr für die Heta zahlen werde. Nun fordern die Gläubiger, darunter viele deutsche Banken, ihr Geld von Kärnten ein, das Ausfallshaftungen von zehn Milliarden Euro für die damalige Hypo trägt. Eine Finanzierung des Landes über den Finanzmarkt ist deswegen praktisch unmöglich. Die Ratingagentur Moody’s hat das Bundesland auf Ramsch-Niveau herabgestuft. Deshalb muss man sich jetzt über die OeBFA finanzieren.
Wären nicht die Hypo-Altlasten, sagt auch Grünen-Landesrat Rolf Holub zur "Wiener Zeitung", stünde das Land gut da. "Wir haben in den letzten zwei Jahren 140 Millionen eingespart, inklusive Kostendämpfungspfad bei Gesundheit und Verwaltung", meint er. Anderseits hat Kärnten 4,8 Milliarden Euro Schulden, die es weiter zu begleichen gilt. Außerdem werden im Zuge der Steuerreform etwa 20 Millionen Euro weniger Einnahmen aus dem Finanzausgleich erwartet. "Es ist wichtig, ein Bewusstsein zu schaffen, dass eine neue Regierung am Werk ist. Wir haben unsere Maastricht-Ziele erreicht. Es geht hier nicht um Luxusgüter, die finanziert werden müssen", sagt SP-Landesfinanzreferentin Gaby Schaunig zur "Wiener Zeitung".
Das Schreckensszenario Landespleite möchte Kaiser um jeden Preis verhindern: "Es gibt kein Szenario für eine Insolvenz. Da geht es um Menschen, die getäuscht wurden von den Vorgängerregierungen." In Kärnten betont man immer wieder, dass das Land ein Teil Österreichs sei und eine Pleite "ein Schuss ins (Bundes-)Knie" wäre.
Während es in Österreich Erfahrungen mit der Insolvenz von Gemeinden gibt, fehlt ein Insolvenzrecht für Länder. Kann sich die Kärntner Landesregierung allerdings nicht mit dem Bund über die Fortfinanzierung einigen, könnte die Länderpleite zum Präzedenzfall werden.
- Die Akte Hypo