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"Das Internet ist ganz normal"

Von Gerald Jatzek und Franz Zauner

Wirtschaft

Internet EU-weit komplex geregelt. | Aber Probleme bei der Durchsetzung | außerhalb der EU. | "Wiener Zeitung": Ist der ehemals rechtsfreie Raum, das Internet, nun ausreichend verrechtlicht, oder stößt das Recht in diesem virtuellen Raum an seine Grenzen?


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Felix Prändl : Interessant ist natürlich die Internationalisierung, die mit dem Internet verbunden ist. Unsere Kunden, zum Beispiel Provider, die vor allem für österreichische Kunden Internet-Anbindungen besorgen, müssen sich an österreichische Gesetze halten. In diesem Szenario ist das Internet-Recht zunächst ein Sammelsurium aus Rechtsgebieten, die man sonst auch kennt: Konsumentenschutz, Bürgerliches Recht, Vertragsrecht. Aber es gibt natürlich auch spezifischere Rechtsmaterien, die so nur in diesem Medium gelten: E-Commerce-Gesetz und Fernabsatzrichtlinie zum Beispiel. Ich kann auf dieser Rechtsgrundlage mittlerweile genauso gut reklamieren und einen Mangel geltend machen wie bei einem normalen Geschäft.

Also wie im wahren Leben?

Von ein paar Sondervorschriften abgesehen, sind die rechtlichen Probleme im Internet ähnlich wie die in der Real World. Wenn ein Online-Anbieter in der Karibik Wettgeschäfte in Österreich anbietet, käme er beispielsweise schnell in Konflikt mit dem Glücksspielmonopol. Wie setzt man heimisches Recht durch? Zumindest auf EU-Ebene gibt es aber klare Antworten auf die Frage, welches Recht wo zur Anwendung kommen muss. Außerhalb der EU bleibt es einigermaßen schwierig, wenn es keine entsprechenden bilateralen Verträge gibt, auf die man sich im Falle des Falles beziehen kann.

Ich könnte auch per Post irgendwelche Waren aus Übersee bestellen und hätte dann ähnliche Probleme, wenn sie nicht geliefert würden . . .

Ja. Aber das Internet ist ein weltweites Medium. Und derjenige, der im Internet Dienstleistungen anbietet, muss im Prinzip dafür Sorge tragen, dass er sich an die Gesetze jener Länder hält, in denen er anbietet. Am Anfang war es durchaus eine Herausforderung, den Aufbau solcher länderübergreifender Dienstleistungen juristisch zu betreuen: Was muss unbedingt auf der Homepage stehen, welche Angaben müssen gemacht werden, wie können Unternehmenskennzeichen - Marken - geschützt werden, welche Bedingungen gelten für den Zahlungsverkehr, wie kann ich verbindlich Verträge abschließen; das waren neue und spannende Fragen.

Stichwort Domain-Grabbing: Gerade bei der Vergabe der eu-Domain haben viele ihr Glück mit ähnlich klingenden Namen versucht. Worauf sollte man achten, wenn man eine Domain anmeldet?

Domains sind ein Unternehmenskennzeichen. Sie dürfen daher keine geschützte Markenbezeichnung enthalten. Sie müssen sich erkundigen, ob es schon etwas Ähnliches gibt, mit dem eine Verwechslungsgefahr besteht. Die meisten wählen ohnehin den Namen ihrer Firma oder ihrer Marke auch als Internet-Domain. Mittlerweile sind das hauptsächlich Fragen des Marken- und Unternehmenskennzeichen-Rechts, weil ja Firmenbezeichnungen in der Regel nicht nur innerhalb des Internet, sondern überall verwendet werden.

Wenn ich eine allgemeine Domain wie meinprodukt.at oder meinedienstleistung.at anmelde. Wie wappne ich mich da gegen ähnlich lautende Bezeichnungen?

Wenn ich die Dienstleistungsbeschreibung zum Domain-Namen mache, zum Beispiel besseressen.at oder billigertelefonieren.at, und es kommt jemand, der seine Site nochbesseressen oder nochbilligertelefonieren nennt, wird der Schutz juristisch schwierig: Je allgemeiner eine Bezeichnung ist, desto geringere Abweichungen sind für eine rechtmäßige Registrierung ausreichend. Allgemeine Begriffe müssen allgemein verwendbar sein.

Aus ihrer Praxis: Wie oft wird um Nutzungs- und Lizenzrechte gestritten?

Das zählt zu unserem Kerngeschäft. Stellen Sie sich vor, eine Firma übergibt eine Datenbanksoftware einem Unternehmen, das wird irgendwann vom Mutterunternehmen abgespalten, kauft noch eine Firma dazu, und plötzlich wird die Datenbank in einer ganz anderen Situation genutzt als ursprünglich vereinbart. Rein rechtlich könnte man mit einer Strafanzeige darauf reagieren, mit Wirtschaftspolizei und Hausdurchsuchung. Aber es geht um einen Kunden - den kann man nicht so behandeln. Deshalb zählt zu den Geschäftsbedingungen, die wir aufsetzen, zum Beispiel ein unbefristetes Einsichtsrecht, um jederzeit Klarheit über die Nutzung der Software zu bekommen.

In den USA sind schon Konzerne in Konkurs gegangen, weil die neue Enterprise-Software nicht funktioniert hat. Wenn der Lieferant verspätet oder gar eine unbrauchbare Software liefert, entsteht juristischer Handlungsbedarf.

Natürlich, wenn einer Firma das Blaue vom Himmel versprochen wurde, und dann stellt sich heraus, dass dieses Ding nicht richtig tickt, die Materialbeschaffung und die Verkäufe stehen, dann haben sie ein großes Problem. Hier kommen natürlich Gewährleistungs- und Schadenersatzforderungen ins Spiel.

Wie zufrieden sind sie mit der durchschnittlichen österreichischen Firmenhomepage? Steht da alles drauf, was draufstehen soll?

Ich kann den österreichischen Unternehmen durchwegs ein gutes Zeugnis ausstellen. Es gibt da vor allem die Anforderungen, die vom E-Commerce-Gesetz ausgehen, Mindeststandards, die es auf der Homepage umzusetzen gilt, und die wurden weitgehend transparent gemacht und zum Beispiel von Institutionen wie der Wirtschaftskammer ganz gut vermittelt; da hat das Kammerwesen durchaus etwas Gutes. Ein paar schwarze Schafe gibt es natürlich. Die großen internationalen Konzerne leisten sich eigene Rechtsabteilungen, ein kleines oder mittleres österreichisches Unternehmen mit 25 Mitarbeitern hat natürlich einen großen Bedarf an Vertragsbegleitung - damit das Produkt, die Rechte und Pflichten definiert sind und klare Verhältnisse geschaffen werden, damit der Kunde sich nicht dauernd beschweren kommt.

Die ausführliche Fassung des Interviews samt O-Tönen steht online im Dossier "IT-Recht" unter www.wienerzeitung.at/itrecht.