Gertrude Brinek zu ihrer überraschenden Wahl als neue Volksanwältin. | Harte Kritik an ÖAAB-Führung. | "Wiener Zeitung": Bei der Wahl zum Volksanwalt galten andere als Favoriten. Am späten Mittwochabend kürte der ÖVP-Klub dann wider Erwarten aber doch Sie zur Nachfolgerin von Maria Fekter. Überrascht?
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Gertrude Brinek: Überrascht ist vielleicht nicht das richtige Wort. Ich musste tatsächlich mit einem anderen Wahlergebnis rechnen, das stimmt. Aber letztlich gewinnen Abstimmungen in einem Parlamentsklub eine ganz eigene Dynamik. Dazu kommt, dass ich intensiv auf dieses Ergebnis hingearbeitet habe.
Demnach hat intensives Lobbying in eigener Sache den Ausschlag gegeben?
Nein, dabei geht es um etwas anderes. Entscheidend ist, dass die richtige Person zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle ist. ÖAAB-intern bekam ich diesmal nicht die Mehrheit, der Klub als Gesamtes hat aber für mich entschieden. Beim Wechsel von Maria Fekter in die Volksanwaltschaft war es umgekehrt. Das Wichtigste ist: Das alte System, wo einige wenige über die Köpfe der anderen hinweg entscheiden, ist Vergangenheit. Die Leute lassen sich das nicht mehr gefallen. Und wenn Frauen dabei auf sich aufmerksam machen, ist das nur noch besser.
Demnach muss die Überraschung auf der Seite der Unterlegenen groß gewesen sein.
Ja, die war sogar sehr groß. Die erleben gerade den Niedergang eines überkommenen Systems. Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit unter. Der ÖVP-Klub hat selbständig entschieden. Und ich bin zu den einzelnen Mitgliedern gegangen und habe gesagt: Ich werbe um deine Stimme - das hat offensichtlich gewirkt.
Werden Sie in der Volksanwaltschaft die Bereiche von Maria Fekter - also Gemeinden, Bürgermeister, Justiz, Finanzen und Gefängnisse - übernehmen oder werden Sie hier Änderungen anstreben?
Fürs Erste wird wohl alles so bleiben, wie es derzeit ist. Auf absehbare Zeit kann ich mir aber gut vorstellen, dass es zu kleineren Änderungen kommt. Vielleicht kann ich ja den Bereich Finanzen gegen Bildung oder Soziales tauschen. Das muss ich aber alles zuerst mit meinen beiden künftigen Kollegen besprechen.
Porträt Seite 12