Das Verteidigungsministerium hat nicht auf den Golan-Abzug gedrängt. Im Hintergrund geht es um die russische Flottenbasis Tartus.
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Ohne dass einem einzigen österreichischen Soldaten Schaden zugefügt wurde, befahlen Bundeskanzler und Vizekanzler dem Bundesheer binnen Tagen den Abzug von den Stellungen am Golan. Das ist ein Davonlaufen und ein Akt der Feigheit.
Dieser Schritt wurde seit April hinter den Kulissen diskutiert, aber nicht aus militärischen, sondern aus innenpolitischen Erwägungen. Die Opposition und Massenmedien könnten, für den Fall einer Gefechtsberührung mit Toten oder Verwundeten, der Regierung Verantwortungslosigkeit vorwerfen. Auf einmal? Österreich hatte bei Einsätzen in Zypern und am Golan immer wieder Tote zu beklagen, so auch 2006 durch israelischen Artilleriebeschuss, aber wir zogen nicht ab. Was war denn vor dem Tschad-Einsatz? Damals nahm man mögliche Verluste locker in Kauf, denn man wollte um jeden Preis als "verlässlicher" EU-Staat mit nach Afrika.
Das UN-Mandat sagt nicht, dass Österreich nur die offiziellen Streitkräfte der Staaten Israels und Syriens im Auge zu behalten hat. Was war mit der PLO, was mit der Hisbollah?
Verwunderung über Österreich findet sich auch in ausländischen Medien. Wenn Österreich statt des Bundesheers eine zivile Sicherungsfirma mit dem Einsatz beauftragt hätte, wäre diese nicht abgezogen worden. Der Soldatenberuf ist zwar einer mit dem Ausblick auf Kriegshandlungen - aber nicht bei uns. Man erinnere sich: Schon im Kalten Krieg hatten Regierungen beschlossen, im Falle einer Aggression des Warschauer Paktes das Bundesheer nicht einzusetzen. Pazifismus zum Exzess kann ebenso zu schweren Krisen führen wie Übereifer, aber das Vorgehen Österreich muss man als einzigartig in der Geschichte der UNO bewerten. Man kann aus der neuen Fassung der Sicherheitsstrategie nun die Passagen über die großartigen Auslandseinsätze streichen. (Österreich hat sich ja nie an seine eigenen Vorgaben gehalten.)
Nun rücken die Streitparteien sicherlich mit Panzern über die A- und B-Linien vor und es besteht die Gefahr, dass die UN-Mission am Golan kollabiert. Das ginge voll auf die Rechnung unserer Regierung, die ohne jedes strategische Denken agiert, etwa, was ein solcher Abzug für Folgen haben könnte.
Unsere Militärs sahen die Lage keineswegs so dramatisch. Die Regierung bricht zudem Zusagen an die UNO, Israel und Syrien, erklärt aber, man werde der UNO Gelegenheit geben, andere Staaten zu kontaktieren, um die Lücke auf dem Golan zu schließen - soll heißen, von mutigeren Staaten wie Fidschi, Costa Rica oder Gabun.
Der Abzug ist auch budgetpolitisch sehr, sehr willkommen. Nur: Man wird Österreich in einigen Wochen sein Vorgehen noch spüren lassen.
Außerdem kommt Wien, wie so oft, der Politik Moskaus entgegen, das ja im Hintergrund auch beim Protest Österreichs gegen Waffenlieferungen an die Rebellen agiert hat. Gewinnen die Rebellen, ist der Hafen Tartus weg, die einzige Basis Moskaus am Mittelmeer. Faymann und Spindelegger protestierten auch nicht gegen die Waffenlieferungen Russlands und des Irans an Syrien.