Zum Hauptinhalt springen

Das ist nicht mehr "typisch Opel"

Von Helmut Dité, Saint Tropez

Wirtschaft

Nichts weniger als "die Zukunft der europäischen Autoindustrie" hängt von der Kompaktklasse ab: 20 Prozent, in manchen Märkten wie Deutschland sogar 25 Prozent aller neu verkauften Autos gehören in dieses Marktsegment, das außerhalb des alten Kontinents kaum eine Rolle spielt, erläutert Opel-Marketing-Vorstand Burkhart Uhland. Entsprechend gespannt erwarten Opels Entwicklungsingenieure derzeit an Frankreichs Cote d'Azur die Reaktionen hunderter Journalisten aus ganz Europa auf die ersten Testkilometer im neuen Astra. Entspannt euch, Jungs, der neueste Rüsselsheimer hat durchaus das Zeug, zum Anagram seines Namens zu werden: A star.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 20 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

"Wir haben nicht nur auf den einen Mitbewerber geschaut, sondern versucht, im Segment einen Meilenstein zu setzen", heißt es. "Der eine", das ist der Golf von Volkswagen, seit Herbst als "V" neu im Segment, das manche auch als "Golfklasse" bezeichnen - ist der Wolfsburger doch seit Jahren dort der meist Verkaufte.

Was setzt man dagegen? "Hightech, progressives Design und hohe Fahrdynamik in der Kompaktklasse", schrieb Opel-Vorstandschef Carl-Peter Forster an den Beginn des Pflichtenheftes. Zu den technischen Leckerbissen der dritten Generation des Opel-Bestsellers gehört ein adaptives IDSPlus-Fahrwerkssystem mit elektronischer Dämpferregelung - sonst nur in Fahrzeugen der Luxusklasse und in exklusiven Sportwagen verfügbar. Weitere Highlights sind das ebenfalls erstmals im Kompaktsegment angebotene "mitlenkende" AFL-Scheinwerfersystem mit dynamischem Kurvenlicht und neu entwickelte Infotainment-Einheiten.

Ein breites Angebot an Ausstattungs- und Getriebevarianten sowie Benzin- und Dieselmotoren von 80 bis 200 PS sollen dafür sorgen, dass viele Zielgruppen jeweils ihren Astra finden - "Der Andere für alle" titelte der Kollege von "Stern-Online" folgerichtig.

Nach dem Astra-Fünftürer - der ab 20. März auch in Österreich bei den Händlern steht - folgen heuer noch ein Caravan mit längerem Radstand, Anfang 2005 ein ausgeprägt sportlicher Dreitürer, ein neuer Minivan "Zafira" und Ende 2005 auch ein Cabrio - wahrscheinlich als Cabrio-Coupé mit versenkbarem Blechdach.

Zum Start ist der neue Astra in fünf Ausstattungslinien und mit sechs Motorisierungen erhältlich. Die Verkaufspreise liegen trotz deutlich verbesserter Serienausstattung unter denen des Vorgängers, wird betont.

Basismotor ist ein neuer, 66 kW/90 PS starker 1,4-Liter-Motor mit TWINPORT- Benzinspar-Technologie, die einen Durchschnittsverbrauch von nur 6,3 Litern Kraftstoff ermöglichen soll. Dieser Motor kommt - ebenso wie ein neues 6-Gang-Schaltgetriebe für die stärkeren Motoren und die "Easytronic"-Automatik - aus dem Motoren- und Getriebewerk in Wien-Aspern.

"Mutiges Design" attestierten Journalistenkollegen dem Äußeren des neuen - durchaus lobend gemeint. "Mit seinem emotionalen, dynamischen Auftritt" wollte man sich deutlich von den Mitbewerbern absetzen, erläutern die Opel-Leute. "Gespannte Flächen und markante Linien" - innen wie außen eine "Bügelfalte" sollen einen "athletischen Auftritt" signalisieren.

Mit 4,25 Metern Länge, 1,75 Metern Breite, 1,46 Meter Höhe und einem Radstand von 2,61 Metern ist der Fünftürer gegenüber dem Vorgänger in der Höhe um um 35, in der Breite um 44 und in der Länge um 139 Millimeter gewachsen. Der Kofferraum - 380 Liter - lässt sich durch Umklappen der Rücksitze auf bis zu 1.300 Liter vergrößern.

Dass sie ihr Qualitätsniveau in den letzten Jahren entscheidend angehoben haben, wissen die Opel-Techniker mittlerweile genau: Die Zahl der Gewährleistungsfälle ist im Zeitraum 2001 bis 2002 um 50 Prozent gesunken, im Jahr 2003 noch einmal um 25 Prozent. "Wir messen uns an den Weltbesten".

Dass auch die Kunden das neue Image vermittelt bekommen, dafür sollen vor allem in Innenraum hochwertige Materialien sorgen - spürbar, mit entsprechender "Haptik".

Nach ein paar hundert Testkilometern auf den kurvenreichen Küsten- und Bergstrassen um Saint Tropez - "und fahren Sie doch bitte unbedingt auch auf den Handlingkurs auf der Flugplatzpiste" - sind die Kollegen Motorjournalisten bereit, zu unterschreiben, was im Presseprospekt geschrieben steht: "Ausgeprägte Agilität und ein präzises Handling bei hoher Fahrsicherheit".

Die Basis dafür bildet sein IDS-Fahrwerk (Interaktives Dynamisches FahrSystem) mit einer weiterentwickelten McPherson-Querlenkerachse mit Fahrschemel vorn. Hinten kommt ein Torsionslenker-Konzept mit doppelwandigem Profil in U-Form zum Einsatz.

Eine neue Dimension in der Ausbalancierung von Fahrkomfort und Fahrsicherheit eröffnet das auf Wunsch lieferbare adaptive IDSPlus-Fahrwerk mit elektronischer Dämpferregelung (CDC, Continuous Damping Control) und Vernetzung aller fahrdynamischen Systeme. Diese integrierte Fahrwerkskontrolle (ICC, Integrated Chassis Control), bei der die Steuer-geräte und Sensoren von ESPPlus, ABS und CDC permanent über den High Speed-Datenbus des CAN-Bussystems (Controller Area Network) kommunizieren, ist ein absolutes Novum im Kompaktsegment. Zusätzlich kann der Astra-Fahrer bei IDSPlus per SportSwitch einen Sport-Modus mit betont fahraktiver Charakteristik anwählen, der auch die Lenkung, das Ansprechverhalten des Gaspedals sowie bei Automatik und Easytronic die Schaltpunkte umfasst.

Wir fuhren den 2.0-Liter-Turbo-Benziner mit 170 PS und den 1,9-Liter-CDTI-Diesel - auf Wunsch mit wartungsfreiem Partikelfilter zu haben - mit 150 PS, beide mit dem manuellen 6-Gang-Getriebe.

Unser Fazit in Prosa: "MRS"- macht richtig Spaß.

Nach drei schwachen Jahren und neuerlich schwachem Start der Neuzulassungen im Jahr 2004 hofft die deutsche Autoindustrie jetzt ab dem Frühjahr auf eine Trendwende, erklärte ein Branchenverbandssprecher am Montag in Frankfurt. Opel will vom neuen Astra im ersten Jahr 400.000 Stück an den Mann bringen, davon gut 7.000 in Österreich. Kann es sein, dass die Kompaktklassekunden auf den Astra gewartet haben?