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Das Jahr der Elefantenhochzeiten

Von Michael Schmölzer

Wirtschaft

Ende der Finanzkrise, günstige Kredite: 2015 war das Jahr der gigantischen Übernahmen. Und 2016 folgen weitere.


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<p>London. Pfizer mit Allergan, Shell mit der BG Gruppe, Anheuser-Busch mit SABMiller: 2015 war weltweit das Jahr der Megafusionen. Das Transaktionsvolumen aller Merger und Akquisitionen erreichte einen Rekordwert, die Schwelle von 5 Billionen Dollar (umgerechnet 4,6 Billionen Euro) wurde erreicht. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Anstieg von 37 Prozent. Angetrieben wurde die Entwicklung von Großfusionen ab einem Volumen von 10 Milliarden Dollar. 67 derartige Megadeals hat es global gegeben (siehe Grafik), 18 Fusionen kamen sogar auf einen Wert von mehr als 30 Milliarden Dollar.<p>Der mit Abstand größte Zusammenschluss fand im Arzneibereich statt: Der Viagra-Hersteller schluckte den Botox-Produzenten, für die Fusion der US-Branchenriesen Pfizer und Allergan wurde ein Preis von 160 Milliarden Dollar vereinbart. Der Deal geht als bisher fast teuerster Kauf in die Wirtschaftsgeschichte ein, übertroffen wird er nur von der Übernahme des deutschen Unternehmens Mannesmann durch Vodafone im Jahr 1999. Damals flossen stolze 172 Milliarden Dollar.<p>

Jedes dritte Bier aus einem Haus

<p>2015 war auch das Jahr, in dem ein Braugigant aus der Taufe gehoben wurde: Der weltgrößte Bierproduzent Anheuser-Busch Inbev setzte sich im Poker um die Übernahme des Branchenzweiten SABMiller durch. Weltweit wird bald fast jedes dritte Bier aus einer der zahlreichen Brauerei des fusionierten Konzerns kommen. Aus dem Hause AB InBev stammen Marken wie Budweiser, Corona, Stella Artois, Beck’s und Franziskaner. Der Konzern war 2008 aus der Fusion der belgisch-brasilianischen InBev-Gruppe mit dem US-Braukonzern Anheuser Busch entstanden. SABMiller verkauft unter anderem Pilsner Urquell. Anheuser-Busch war die Expansion knapp 100 Milliarden Euro wert. Die Übernahme muss wie der Pharma-Deal noch von den Wettbewerbsbehörden genehmigt werden. Größter Gegenspieler ist jetzt Heineken, die Konzern-Mutter der österreichischen Brau-Union. Zu den Biermarken der Brau-Union zählen Gösser, Zipfer, Kaiser, Puntigamer und Wieselburger Bier. Im Gegensatz dazu handelt sich bei Zwettler um ein Familienunternehmen. Einen größeren Marktanteil im Osten Österreichs hat der Getränkekonzern Ottakringer.

<p>2015 kam es auch zur Übernahme des britischen Gasförderers BG Group durch Shell, die EU-Kommission hatte nichts dagegen einzuwenden. Denn auch nach dem Zusammenschluss werde es eine Reihe starker Konkurrenten Europa geben, sodass Shell nicht die Preise diktieren könne, lautete der Sanctus aus Brüssel.<p>Die 53 Milliarden Dollar schwere Fusion hat freilich negative Konsequenzen, allerdings nicht für die Aktionäre, sondern in erster Linie für die Mitarbeiter des britisch-niederländischen Konzerns. Mit Verweis auf den Verfall des Ölpreises heißt es, man müsse sparen. 2800 Jobs sollen gestrichen werden, während die Dividenden gleich bleiben. Die Übernahme soll am 15. Februar offiziell vollzogen werden, dann wäre Shell der weltweit größte Anbieter von Flüssiggas.<p>

Lockere Geldpolitik als Turbo

<p>Hintergrund des allgemeinen Übernahmebooms ist das Ende der weltweiten Finanzkrise. 2009 etwa war das Fusionsvolumen nicht einmal halb so groß wie 2015. Dazu kommt, dass Unternehmen derzeit wegen der lockeren Geldpolitik der großen Notenbanken günstig an Kredite kommen.<p>Nur am Rande beteiligt am großen Übernahmespiel ist die Wirtschaftsgroßmacht Deutschland. Bis Mitte Dezember waren deutsche Firmen an Mergers und Akquisitionen im Volumen von 131 Milliarden Dollar beteiligt - das sind 40 Prozent weniger als 2014. Vor allem in Nordamerika hielten sich deutsche Konzerne anders als 2014 zurück, unter anderem wegen der Schwäche des Euro. Nur 21 Milliarden Dollar flossen für US-Zukäufe, ein Fünftel der Summe von 2014. Jens Maurer von Morgan Stanley erklärt diese Zurückhaltung auch mit der jeweiligen Mentalität: "Die Deutschen forschen und entwickeln lieber, die Amerikaner kaufen", meint Maurer.<p>Spannend wird es 2016 in der Agrarchemiebranche. Für den großen Knall könnte hier eine Megafusion der US-Konzerne Dow Chemical und DuPont sorgen. Beide Giganten stellen gentechnisch verändertes Saatgut her. Sollte der Zusammenschluss klappen, wäre dies die größte Fusion in der Geschichte der Chemiebranche. Der neue Konzern wäre größer als der bisher weltgrößte Branchenriese BASF.<p>Nach dem Zusammengehen könnte das Unternehmen allerdings in zwei oder drei Teile aufgespalten werden. Und: Noch immer sind die Verhandlungen nicht unter Dach und Fach.<p>Für DuPont verlief das Jahr 2015 jedenfalls turbulent. Im Oktober trat die langjährige Unternehmenschefin Ellen Kullman überraschend zurück. Sie war von Seiten der Investmentfirma Trian Fund Management unter Druck geraten. Der Großaktionär hatte kräftige Kostensenkungen und eine Aufspaltung des Konzerns gefordert. Diesen Wunsch hatte Kullman als zu teuer und riskant zurückgewiesen.<p>

"Jeder redet derzeit mit jedem"

<p>Der weltweite Markt für Pflanzenschutzmittel und Saatgut wird mit Syngenta, Monsanto, Bayer, DuPont Pioneer, Dow Chemical und BASF nur von gut einer Handvoll Unternehmen kontrolliert. Großes Interesse zieht vor allem Syngenta auf sich. Die Schweizer sind Marktführer bei Pflanzenschutzmitteln gegen Insektenbefall, Unkräuter und Pilze - und gleichzeitig die Nummer drei bei Saatgut. Im Sommer blockten sie erfolgreich die Übernahmeavancen des Marktführers Monsanto ab. Der Konzern ist wegen seines Gen-Maises und seiner Geschäftspraktiken ein rotes Tuch für Umweltaktivisten. Dessen ungeachtet könnte 2016 das Jahr der Übernahmen werden. "Jeder redet derzeit mit jedem", heißt es.