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"Das Jammern relativiert sich"

Von Bettina Figl aus Bratislava

Politik
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Über Reformpädagogik sprach Wissenschaftsminister Töchterle (l.) an der Universität in Bratislava - doch Vizerektor L’ubomír lahor (r.) interessierte sich für Österreichs Bankgeheimnis.
© UK Bratislava/Kuric

Wissenschaftsminister Töchterle besucht die Comenius Universität.


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Bratislava/Wien. Seit 6 Uhr Früh vergräbt er seine Nase in Bücher, und auch im Twin City Liner blickt Wissenschaftsministers Karlheinz Töchterle kaum auf, um das vorbeiziehende Ufer des Donaukanals zu beobachten. Stattdessen studiert er Texte von Comenius, schließlich soll er in wenigen Stunden an der Universität Bratislava über ihren Namensgeber, den Reformpädagogen Johann Amos Comenius, referieren.

In seiner Rede im Festsaal der Universität spannt Töchterle den Bogen dann von Platon über Studentenproteste bis zu Comenius. Nach 25 Minuten - die Töchterle völlig frei spricht - bleibt Zeit für Rückfragen. Das Schweigen aus dem Publikum bricht schließlich Vizerektor L’ubomír lahor. Er geht aber nicht auf die eben gehörte Abhandlung ein, nein, er fragt den Altphilologen Töchterle nach der österreichischen Sonderstellung beim Bankgeheimnis. Dabei ist der eigentliche Anlass für Töchterles Bratislava-Besuch, dass er die Hochschulkooperation "Aktion Österreich-Slowakei" um sechs Jahre verlängert hat.

Der Polizei-Convoi stoppt nicht vor roten Ampeln

Das diesbezügliche Treffen zwischen Töchterle und dem slowakischen Bildungsminister Duan Caplovic ist aber nur einer der Boxenstopps an diesem Tag, an dem der Polizei-Convoi so einige rote Ampeln ignoriert. Germanistikinstitut, Treffen der Uni-Rektoren und Blitz-Besuch in der Burg Bratislava stehen auf dem Programm, und im Haus des österreichischen Botschafters klagen Rektoren unterschiedlicher Universitäten ihr Leid - von der mangelnden Mobilität der Lehrenden bis zum mickrigen Budget: Laut jüngsten verfügbaren Zahlen hat die Slowakei 2009 nur 0,48 Prozent des BIP für Forschung und Entwicklung ausgegeben, während es in Österreich 1,43 Prozent waren.

Der Heimweg nach Wien führt den Wissenschaftsminister dann nicht über das Wasser, sondern - so wie viele Pendler - über die Schiene. Im Zug sitzend resümiert Töchterle: "Es ist klug, zu den Nachbarländern besonders intensiven Kontakt zu pflegen." Bei Besuchen in eben jenen Nachbarländern, egal ob Deutschland, Schweiz oder Ungarn, fällt ihm oft auf: "Österreich steht exzellent da, das relativiert das heimische Jammern und die Kritik."

Wissen
17 Partnerschaftsabkommen gibt es zwischen österreichischen und slowakischen Universitäten, eines davon ist seit 1992 die "Aktion Österreich-Slowakei". 2011 wurden dadurch 90 Studierende, Lehrende und Forschende finanziell unterstützt. Das Abkommen zur Finanzierung von Forschungsaufenthalten haben bis dato 180 Wissenschafter beider Länder genutzt. Diese Kooperation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Slowakischen Akademie der Wissenschaften besteht seit 2004.