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Das Ö1-Magazin "Ausgewählt - Aktuelles vom Plattenmarkt" am Mittwochvormittag ist etwas für Hörer mit Geduld. Denn wer Interpretationsvergleiche goutieren will, muss Nuancen beachten, sonst hört er fünfmal dasselbe Musikstück und sonst nichts.
Allerdings wird einem die Konzentration leicht gemacht. Albert Hosp, der seine Sendung sehr hübsch als "Klangschattenkabinett" bezeichnete, ist ein guter Führer durch die Welt der Nuancen. Gestern stellte er Vivaldis "Jahreszeiten" in verschiedenen Aufnahmen vor, und bei einem so häufig gespielten Stück fällt die Konzentration besonders schwer: Kennt man diesen "Frühling" mit seinen zwitschernden Vögeln und bellenden Hunden, diesen "Winter" mit den fröstelnden Geigen und dem orchestralen Dauerregen nicht schon zur Genüge? Nach der Sendung von gestern darf man sagen: offenbar nicht, denn Hosp stellte fast nur Musiker vor, die dem Schlager aller Wunschkonzerte frappierend neue Aspekte abgewannen. (Die einzige langweilige Aufnahme stammte von Nigel Kennedy, der seinerzeit mit Punkfrisur das Konzertpublikum begeisterte, im bildlosen Radio jedoch eher behäbig und schulmäßig daher kam.)
Dem Moderator selbst gefiel die Interpretation von Thomas Zehetmaier und der Camerata Bern am besten - ich würde die schärfer akzentuierte von "Il giardino armonico" vorziehen. Aber auf solche Bewertungen kommt es nicht vorrangig an. Interessanter ist vielmehr, dass man dasselbe Stück mehrmals hintereinander hören kann und dadurch auf den Reichtum einer scheinbar so geläufigen Musik aufmerksam gemacht wird.