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Nairobi - Nach seinem Wahlsieg vor vier Jahren wurde er als Hoffnungsträger Afrikas gefeiert. Trotz zahlreicher Enttäuschungen gaben die Nigerianer Olusegun Obasanjo nun die zweite Chance, diesem Ruf nachzukommen. Der Mann, der das westafrikanische Land 1999 nach 15 Jahren Militärdiktatur zur Demokratie geführt hat, gilt in vielen politischen Kreisen lediglich als das kleinere Übel. Der Beliebtheitsgrad des uncharismatischen Präsidenten ist im Ausland höher als in seiner Heimat.
Die Zügel der Macht hielt Obasanjo bis zu den Wahlen nur mit großer Kraftanstrengung. Kurz vor seiner erneuten Kandidatur forderten Parlamentarier seiner Demokratischen Volkspartei (PDP) den 66-Jährigen höflichst zum Rücktritt auf - die einen aus Frust über gehaltene, andere aus Enttäuschung über gebrochene Wahlversprechen: Kampf gegen Machtmissbrauch und Korruption, wirtschaftliche und politische Reformen, Stabilität und ein harmonischer Vielvölkerstaat. Besonders der Kampf gegen die in Nigeria verbreitete Korruption brachte Obasanjo viele Feinde ein. Während sich der Ex-General im westlichen Ausland Anerkennung als Gründervater der afrikanischen Wirtschaftsinitiative "NePAD" verschaffte, leben inzwischen 70 Prozent der rund 120 Millionen Nigerianer nach Weltbank-Daten unterhalb der Armutsgrenze.
In den drei Jahren seit Obasanjos Amtsantritt wurden in Nigeria mehr Menschen ermordet als in Zeiten der Armeeherrschaft. Über 10.000 Menschen kamen in ethnischen oder religiösen Konflikten ums Leben. Dem Streit um das islamische Recht (Scharia), das inzwischen in zwölf Bundesstaaten gilt, sah der starke Mann in Abuja machtlos zu. Der Lehrer und Baptist rief wieder seine Armee, um Hunderte von Zivilisten niederzumetzeln.